2004 schlugen die Wogen erstmals hoch: Das "Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt", besser bekannt unter der Kurzform "Hartz IV", provozierte zum Teil hitzige Debatten. Kern der Reform war der Aufbau von Jobcentern, unter deren Dach Sozial- und Arbeitslosenhilfe administrativ zusammengelegt wurden.
Seit 2005 ist dieser grundlegende Systemwechsel vollzogen. Langzeitarbeitslose erhalten seitdem in den Jobcentern das neu geschaffene Arbeitslosengeld II aus einer Hand ausbezahlt. Das wurde möglich, weil die traditionellen Zuständigkeiten von Kommunen (Sozialhilfe) und Agenturen für Arbeit (Arbeitslosenhilfe) überwunden wurden. Heute teilen sich die Partner in den Jobcentern die Aufgaben für die neue Grundsicherung: Die Kommunen sind für die Miet- und Heizkosten sowie die soziale Unterstützung der Jobsuchenden zuständig, während die Arbeitsagenturen für die Auszahlung des Arbeitslosengeldes II verantwortlich zeichnen.
In der Praxis drei verschiedene Modelle
Diese Betreuung vollzieht sich jedoch in unterschiedlichen Trägermodellen, weil Bund, Länder und Gemeinden es mit der Reform nicht schafften, einheitlich einer föderalen Ebene die Verantwortung für die Grundsicherung zu übertragen. Die Folge ist eine höchst umstrittene Mischverwaltung.
Die meisten Kommunen bildeten gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) sogenannte Arbeitsgemeinschaften (Argen). 69 Kommunen nutzten jedoch die Möglichkeit, zunächst befristet bis Ende 2010, die alleinige Zuständigkeit für die Grundsicherung zu übernehmen (Optionskommunen). Außerdem gibt es noch ein drittes Modell, das der Gesetzgeber nicht vorgesehen hatte: 23 Kommunen haben die gemeinsame Trägerschaft mit der BA verweigert oder zwischenzeitlich wieder aufgekündigt. In der Folge kümmern sich beide Behörden getrennt um die Betreuung der Langzeitarbeitslosen.
Kaum hatten sich die neuen Strukturen halbwegs ordentlich etabliert, sorgte das Bundesverfassungsgericht im Dezember 2007 für neuen Zündstoff. Die Karlsruher Richter erklärten die Mischverwaltung in den Argen für verfassungswidrig, weil sie föderale Prinzipien verletzt sahen. Das Gericht setzte der Bundesregierung eine Frist bis zum Jahr 2011. Bis dahin müssen die Jobcenter neu geordnet sein.
Alles zurück auf Anfang?
Auf die richterliche Schelte reagierte noch Ex-Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD). Er regte im März ein Modell gemeinsamer Arbeit unter einem Dach an, bei dem die Partner dennoch rechtlich getrennt agieren. Seine Pläne der "kooperativen" Jobcenter scheiterten indes am Widerstand der Unionsfraktion im Bundestag.
Jetzt deutet alles daraufhin, dass es in der Arbeitsmarktpolitik "zurück auf Los" geht. Noch ist nicht bekannt, wie die nächste Reform im Detail aussehen wird. Das Bundesarbeitsministerium werde seine Eckpunkte im Dezember vorlegen, sagte eine Sprecherin dem epd. Daran arbeite die Behörde "mit Hochdruck".
Klar ist bereits: Die schwarz-gelbe Koalition will, dass Kommunen und BA künftig ihre Aufgaben wieder strikt getrennt wahrnehmen. Experten, Sozialverbände und Bundesländer kritisieren das Vorhaben als Rückschritt und Vergeudung von mühsam errungener Fachkompetenz. Betroffen von dem Aus der Argen wären 350 von 440 Städten und Landkreisen.