Wenn vom Mensch nur noch ein Häufchen Asche bleibt
"Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub", sagt der Pfarrer bei einem Begräbnis. Dabei wirft er mit einer kleinen Schaufel etwas Erde auf den Sarg in der Grube. Der Satz "Asche zu Asche .." ist besonders der Urnenbestattung angemessen. Schon vor langer Zeit hat sich in Deutschland die Einäscherung gesellschaftlich etabliert, auch wenn das Christentum der Verbrennung von Toten lange ablehnend gegenüberstand.
19.11.2009
Von Christian Spöcker

Einer Umfrage aus dem Jahr 2008 zufolge können sich 39 Prozent der Deutschen eine Einäscherung vorstellen. 33 Prozent bevorzugen dagegen den Sarg. Offizielle bundesweite Statistiken gibt es allerdings nicht.

Junge Menschen werden im Sarg bestattet

"Junge Menschen lehnen die Feuerbestattung ab, doch diese Haltung ändert sich bei vielen im Laufe des Lebens", sagt Georg Eppler, stellvertretender Direktor des Museums für Sepulkralkultur in Kassel. Junge Menschen werden im Todesfall eher nicht eingeäschert. Mit einem alten Körper, der schon zuvor "Spuren der Vergänglichkeit zeigte", gingen Angehörige anders um. Seien alte Menschen außerdem schwer krank gewesen, empfänden die Angehörigen die Einäscherung als hygienischer, sagt Eppler von dem Spezialmuseum für Bestattungs- und Trauerkultur.

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Heike Böhme-Küppenbender, Rechtsanwältin des Bundesverbandes Deutscher Bestatter, hat selbst lange in dem Beruf gearbeitet. "In meiner Zeit gab es nur ein einziges Mal den Fall, dass ein Kind eine Feuerbestattung erhalten hat", sagt sie. Sie persönlich habe diese Bestattung damals als seltsam empfunden.

Anders als bei einem plötzlichen Todesfall beginnt nach Meinung von Eppler bei Krankheiten wie Krebs die Trauer der Angehörigen bereits ab der Diagnose. "Die Ausgestaltung des Begräbnisses hat dann nicht mehr die symbolische Bedeutung wie bei einem Menschen, bei dessen Tod sich schlagartig die Lebensentwürfe der Angehörigen andern", sagt Eppler. Das bedeute aber keinesfalls, dass die Angehörigen für ihre eingeäscherten Verwandten weniger Zuneigung empfinden, sagt er.

Katholiken halten stärker am Bestattungsritual fest

Nach Ansicht von Experten sind Einäscherungen in Norddeutschland stärker verbreitet als im katholisch geprägten Süden. Ein Grund dafür könnte sein, dass Katholiken stärker am festen Ritual der Bestattung festhalten als Protestanten, sagt Eppler, stellvertretender Direktor des Kasseler Bestattungsmuseums. Auch in Ostdeutschland gebe es noch heute eine sehr hohe Feuerbestattungs-Quote. In der DDR hätten Fehler in der Verwaltung dazu geführt, dass nicht genügend geeignete Särge vorhanden gewesen seien, erklärt die ehemalige Bestatterin Böhme-Küppenbender.

Schon die Steinzeitmenschen praktizierten die Einäscherung der Toten. Das erste deutsche Krematorium öffnete 1878 im thüringischen Gotha. Im 19. Jahrhundert wuchsen die Städte, mangelnde Hygiene und wenig Platz auf Friedhöfen förderten die Leichenverbrennung.

Sie ist Juden und Muslimen noch heute aus religiösen Gründen in der Regel verboten, das Christentum dagegen gab seinen Widerstand nach und nach auf: Der Körper des Menschen dürfe nicht zerstört werden, sonst sei die Auferstehung nach dem Tod nicht möglich, hieß es lange Zeit. Die evangelische Kirche änderte ihre Haltung in den 1920er Jahren, die katholische Kirche folgte diesem Beispiel rund vierzig Jahre später.

Manchmal spielt auch das Geld eine Rolle

Gründe für die Einäscherung seien für manche unter anderem die geringeren Folgekosten, sagt Bestattungsexperte Eppler. Müsste er eine Rangfolge bilden, dann würde er auf die Beziehung zum Verstorbenen die wirtschaftlichen Überlegungen folgen lassen und abschließend Glaubensgründe nennen. "Ich schätze, dass die Feuerbestattungen irgendwann überwiegen werden", sagt er.

Als Heike Böhme-Küppenbender 1998 in Mönchengladbach als Bestatterin begann, lag der Anteil der Einäscherungen bei ihrem Arbeitgeber bei einem Drittel. 2006 habe er schon bei rund 60 Prozent gelegen. Neben den genannten Gründen spiele bei manchen eine andere Überlegung eine entscheidende Rolle, sagt sie: "Vielleicht wirkt bei manchen unterschwellig auch noch die Befürchtung mit, bei lebendigem Leib begraben zu werden."

epd