Zinsverbot: Der Islam als Vorbild
Nach islamischen Glauben sind Zinsen verboten. Wer einen Kredit gibt, wird an Gewinnen und Risiken beteiligt. Nach diesen Regeln haben islamische Banken die Finanzmarktkrise relativ unbeschadet überstanden. Könnten sich daraus Regeln ableiten lassen, die auch dem westlichen Banken- und Finanzsystem mehr Sicherheit und Stabilität bringen? Eine Diskussion.

Ein Zinsverbot wie im Islam kann nach Auffassung des islamischen Bankiers Zaid el-Mogaddedi zur Entwicklung von Regeln in der Finanzwirtschaft beitragen. "Das islamische Bankenwesen ist nicht die Erlösung von der Krise, kann aber mit seinen Institutionen einen möglichen Rahmen vorgeben" sagte er am Dienstagabend in Bielefeld. Der evangelische Theologe Frank Crüsemann hob die Aktualität biblischer Sozial- und Zinsgesetze für moderne Gesellschaften hervor. "Wir können und müssen wieder an diese christliche Tradition anknüpfen", forderte der Bielefelder Theologieprofessor.

Crüsemann erinnerte daran, dass die ganze Bibel hindurch vor Habgier gewarnt werde. Dennoch habe man fast 500 Jahre lang das biblische Zinsverbot außer acht gelassen und kaum gepredigt. Mit den negativen Folgen des globalen Kapitalismus kehre aber langsam wieder ein christliches Bewusstsein zurück, den Schwächsten der Gesellschaft helfen zu müssen. Die Bibel beziehe sich dabei aber nicht ausschließlich auf ein Zinsverbot, sondern sei viel breiter angelegt, erläuterte Crüsemann. Das fünfte Buch Mose biete eine Fülle von Gesetzen und Richtlinien für gerechtes Wirtschaften.

Die jetzige Finanzkrise habe gezeigt, dass ein Umdenken erforderlich sei, unterstrich El-Mogaddedi, Direktor des "Institute for Islamic Banking and Finance" in Frankfurt am Main. Man könne sich aus Gerechtigkeitsgründen keine Ökonomie mehr erlauben, die auf die Einflussnahme der Theologie verzichtet. Im islamischen Bankenwesen sieht der islamische Banker eine Alternative, weil es die Einnahme von Zinsen verbietet. Kreditgeschäfte müssen nach islamischen Regeln auf Gegenseitigkeit abgeschlossen werden, um so den Kreditgeber an Risiko und Gewinn zu beteiligen, erläuterte er.

Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern gibt es laut El-Mogaddedi immer noch keine deutsche Bank, die diese Art von Investitionen in Deutschland anbietet. Viele Menschen seien vom Kapitalmarkt ausgeschlossen, weil sie ethische Bedenken gegenüber dem regulären Bankensystem hätten. Die Nachfrage nach islamischem Bankenwesen habe zuletzt zwar etwas zugenommen, sei aber im Vergleich zu konventionellen Banken weiterhin nur marginal.

epd