Markwort werde durch die Veröffentlichung zwar in seinem Persönlichkeitsrecht tangiert, jedoch überwiege das von Willemsen verfolgte Interesse "an der Wahrheit und Seriosität" der Medienarbeit, hieß es zur Begründung. In den beiden Vorinstanzen hatte der "Focus"-Chef mit seiner Unterlassungsklage Erfolg gehabt (AZ: VI ZR 226/08).
Anlässlich eines Bühnenauftritts von Willemsen, der auch als Kabarettist tätig ist, hatte die "Saarbrücker Zeitung" mit der Überschrift "Heute wird offen gelogen" das Interview veröffentlicht. Darin sagte Willemsen unter anderem wörtlich: "Das 'Focus'-Interview, das Markwort mit Ernst Jünger geführt haben will, war schon zwei Jahre zuvor in der 'Bunten' erschienen." Markwort sah sich durch diese unzutreffende Aussage in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Nicht er, sondern der Journalist Axel Thorer hatte das Interview mit Jünger geführt, das der "Focus" 1993 in Teilen erneut abdruckte.
Das Recht der Zeitung auf Meinungsfreiheit überwiege
Markwort argumentierte, durch diese Äußerungen entstehe in der Öffentlichkeit ein seinem Ansehen abträglicher Eindruck. Das Landgericht und das Oberlandesgericht Hamburg gaben dem Chefredakteur recht. Die "Saarbrücker Zeitung" habe die Behauptung Willemsens nicht nur verbreitet, "sondern sie sich in einer Weise zu eigen gemacht, dass sie ihr als eigene Behauptung zuzurechnen ist", urteilte das Oberlandesgericht, das keine Revision in der Sache zulassen wollte. Erst nach einer erfolgreichen Beschwerde der Zeitung beim BGH wurde das höchstrichterliche Verfahren in Karlsruhe möglich.
Anders als die Vorinstanzen stufte der BGH die Willemsen-Äußerungen nicht als Tatsachenbehauptungen ein. Es handle sich um eine "nicht gegen den Kläger persönlich gerichtete Meinungsäußerung mit einem wahren Tatsachenkern", hieß es. Die Aussage "Heute wird offen gelogen" richte sich gegen die Berichterstattung im Magazin "Focus", für die Markwort als Chefredakteur verantwortlich war. Sie gebe die Meinung Willemsens über die mangelnde Wahrheitsliebe in den Medien wieder. Markworts Persönlichkeitsschutz habe in diesem Fall hinter dem Recht der Zeitung auf Presse- und Meinungsfreiheit zurückzutreten, auch wenn er nicht selbst das Interview mit Jünger geführt habe.
Helmut Markwort zeigte sich nach dem Urteil enttäuscht: "Der BGH hat nun eine falsche Aussage über mich soweit legitimiert, dass der Eindruck entsteht, diese Unwahrheit dürfte in Zukunft weiter sanktionslos behauptet werden. Und es ist ein Urteil von grundsätzlicher Bedeutung, wenn nun die Publikation unwahrer oder rufschädigender Behauptungen dann nicht mehr unter die Haftung der Presse fällt, wenn sie mit einer Meinungsäußerung verbunden wird."
Es wird nach Eingang der schriftlichen Urteilsbegründung sehr sorgfältig zu prüfen sein, ob Grundrechte verletzt wurden und der Fall deshalb dem Verfassungsgericht vorzulegen ist, hieß es in einer Mitteilung des Burda-Verlages.
Die vorausgegangenen Urteile der Hamburger Gerichte waren zum Teil scharf kritisiert worden. Mehrere Medien werteten das Urteil des Oberlandesgerichts als große Hürde, weiter Interviews drucken zu können. Die geforderte Überprüfung von Details einzelner Interviewaussagen sei im Redaktionsalltag nicht zu leisten, lautete ein Argument.