Chance für neues Klimaabkommen vertan
Beim UN-Klimagipfel im Dezember in Kopenhagen wird kein international verbindliches Klimabkommen verabschiedet. Der dänische Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen hat aber am Sonntag in Singapur bei einem überraschenden Besuch am Rande des APEC-Gipfels einen Minimalkonsens erzielt.

Er unterbreitete bei einem Frühstück mit US-Präsident Barack Obama, dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao und anderen 17 Staats- und Regierungschefs einen Vorschlag, der das völliges Scheitern der Klimakonferenz verhindern soll. Der Vorschlag eines "Zwei-Schritte-Programms", bei dem Kopenhagen der "erste Schritt" wäre, sei von den APEC-Führern einhellig begrüßt worden, so ein Obama-Sprecher.

Demnach soll in Kopenhagen eine fünf- bis achtseitige politische Vereinbarung mit konkreten Klimaschutzzielen verabschiedet werden. Bei weiteren Verhandlungen soll dann eine Einigung über einen völkerrechtlich bindenden Vertrag erreicht werden, sagte Rasmussen vor den APEC-Führern. "Wenn wir uns darauf konzentrieren, worauf wir uns einigen können, ist eine starke, umfassende und globale Vereinbarung machbar", sagte er. "Wir sollten uns darauf konzentrieren, was machbar ist, und uns nicht davon ablenken lassen, was nicht machbar ist."

Die Teilnehmer des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforums (APEC) seien sich einig gewesen, dass "es unrealistisch war zu erwarten, dass in der Zeit von heute bis zum Start in Kopenhagen in 22 Tagen ein vollständiges, weltweit rechtsverbindliches Abkommen erzielt werden könnte", meinte der Wirtschaftsberater Obamas, Mike Froman. Damit scheint das ursprünglich angestrebte Klimaabkommen als Nachfolgevereinbarung von Kyoto so gut wie ausgeschlossen.

Die APEC-Staaten konnten sich bei ihrem Treffen in Singapur nicht auf ein ehrgeiziges Klimaschutzziel einigen. Eine ursprünglich geplante Passage im Abschlussdokument, eine Reduzierung der Treibhausgase um 50 Prozent bis 2050 anzustreben, wurde mangels Konsens gestrichen, sagte ein chinesischer Unterhändler. "Wir bekräftigen unsere Entschlossenheit, die Bedrohung durch den Klimawandel anzupacken und uns für ein ehrgeiziges Ergebnis in Kopenhagen einzusetzen", hieß es in der Abschlusserklärung lediglich. Ärmere Länder brauchten finanzielle Hilfe und Technologie aus reicheren Ländern, um sich auf den Klimawandel einzustellen.

Abkommen in zwei Schritten

Das Gespräch am Rande des APEC-Gipfels war nach Fromans Worten vom mexikanischen Präsidenten Felipe Calderón und dem australischen Premierminister Kevin Rudd "im letzten Moment" organisiert worden. Froman sprach von einem Abkommen in "zwei Schritten". Der zweite Schritt werde bei künftigen Verhandlungen erzielt werden, so Froman. Auch Präsident Hu habe das Konzept unterstützt. Die USA und China sind die größten Verursacher von Treibhausgasen in der Welt.

Kopenhagen werde demnach ein erster Schritt in Richtung eines weltweit rechtsverbindlichen Abkommens sein, das alle Aspekte berücksichtige: Reduzierung der Treibhausgase, neue Technologien und die finanziellen Aufwendungen. "Es gab eine weitgehende Unterstützung unter den Führern, dass Kopenhagen ein Erfolg werden soll", sagte Froman. Obama habe vor zu viel Perfektion gewarnt: "Lasst das Perfekte nicht zum Feind des Guten werden", wurde Obama sinngemäß zitiert. Auf der Kopenhagen-Konferenz gebe es aus Sicht Obamas die Möglichkeit, dass Scheitern einzugestehen und es weiter zu versuchen, oder aber ein grundsätzliches Abkommen zu erzielen, dass dann noch ausgefüllt werden müsse, berichtete Froman. Es bleibe unklar, ob Obama nach Kopenhagen kommen werde oder nicht.

Gastgeber Dänemark hat 192 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt zur Klimakonferenz eingeladen. Bei der Tagung im Rahmen der Vereinten Nationen vom 7. bis 18. Dezember soll ein Abkommen zur Begrenzung von C02-Emissionen ausgehandelt werden, um die bedrohliche Erwärmung des Erdklimas zu bremsen. Nach UN-Angaben haben bisher 40 Staats- und Regierungschefs ihre Teilnahme zugesagt. Dazu gehören Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und der britische Premierminister Gordon Brown.

Hilfe für arme Länder

Rasmussen als Gastgeber strebt ein politisch, aber nicht juristisch bindendes Abkommen an. Von den Entwicklungs- und Schwellenländern wird diese - auch von den großen westlichen Ländern mitgetragene - Haltung kritisch gesehen. Neben Verpflichtungen auf bestimmte Verminderungen bei Treibhausgasen geht es in Kopenhagen vor allem um die Höhe von Hilfsleistungen der reichen an die armen Länder bei der Umstellung auf CO2-neutrale Technologien.

Die Kopenhagen-Vereinbarung solle einen Aktionsplan für sofortiges Handelns und einem Zeitrahmen für den Abschluss des legal bindenden Abkommens enthalten, sagte Rasmussen. Darin sollten klare Vorgaben für die Verringerung der klimaschädlichen Emissionen für einzelne Länder sowie über die Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen enthalten sein. "Die Kopenhagen-Vereinbarung sollte fortgesetzte Verhandlungen vorschreiben und eine Frist für deren Abschluss enthalten."

Weiter sagte der dänische Regierungschef, die Kopenhagen- Vereinbarung müsse alle nötigen Aspekte des späteren Klimavertrags beinhalten und bindend sein, "auch, wenn nicht der letzte Punkt für ein völkerrechtlich verbindliches Dokument ausgehandelt ist". "Wir brauchen Zusagen. Wir brauchen Zahlen. Wir brauchen "Action"." Das Dokument solle in Anhängen konkrete Verpflichtungen der einzelnen Länder aufführen. "Niemand soll sich aus der Verantwortung stehlen können", sagte Rasmussen.

dpa