Maria statt Andrea - Nahles mächtigste SPD-Frau
Entweder Hausfrau oder Bundeskanzlerin wollte Andrea Nahles nach ihrer Schulzeit werden. Entschieden hat sie sich für die Politik. Künftig geht in der SPD nichts mehr ohne die streitbare 39-Jährige. Damit ist sie zwar die Jüngste in der ersten SPD-Garde. Doch die Maurerstochter aus der Eifel ist trotz ihres Alters in der neuen Führung schon am längsten dabei.

Als neue Generalsekretärin will die bestens vernetzte Rheinland- Pfälzerin, die als gewiefte Strippenzieherin gilt, im zweiten Anlauf den Parteiapparat umkrempeln. Dafür gibt es bereits konkrete Pläne. Die Literaturwissenschaftlerin will die SPD-Zentrale zu einem professionellen Dienstleister für die Ehrenamtlichen ausbauen. Die Partei soll so in der Opposition wieder kampagnenfähiger werden. Klar zu sein scheint, dass sie ihr neues Amt mit dem Anspruch antritt, mehr Generalin als Sekretärin zu sein. Welchen Spielraum ihr dabei der neue Parteichef Sigmar Gabriel gibt, mit dem sich sie sich nach dem Wahldesaster in einer Art politischer Vernunftehe verbündet hat, bleibt abzuwarten.

"Wir haben unsere Anhänger enttäuscht"

Gemeinsam mit Gabriel hat sich Nahles in den vergangenen Wochen der SPD-Basis quer durch die Republik gestellt. Viel Ermutigendes war dort nicht zu hören. "Wir haben unsere Unterstützer, unsere Anhänger enttäuscht. Wir haben den emotionalen Zugang, den Draht verloren", zog Nahles nüchtern Bilanz.

Bei den Versammlungen erzählte sie auch immer wieder von persönlichen Erfahrungen im letztem Wahlkampf. Etwa von ihrem Vater ("45 Jahre am Bau, kaputter Rücken"), der nur zähneknirschend für sie Plakate geklebt habe - wegen der Rente mit 67. Oder von einer Genossin aus der Eifel, die ihr sagte: "Diesmal wähle ich euch nicht: Ihr habt euer Herz verloren."

Einem abrupten SPD-Kurswechsel "plump nach links" oder einer Rückkehr zu der Zeit vor der Agenda 2010 redet aber auch Nahles nicht das Wort. Überhaupt haben sich ihre Auftritte in den letzten Jahren stark verändert. Vorwürfe, sie sei die "Königsmörderin" von SPD-Vorsitzenden wie Rudolf Scharping und Franz Müntefering gewesen, sind parteiintern verstummt. Das Image als Bannerträgerin der SPD-Linken hat sie mit der Wahl zur Partei-Vize vor zwei Jahren abgelegt.

"Frau, gläubig, links"

Nicht zuletzt zeigt sich dieser Wandel auch an ihrem Outfit: eleganter Hosenanzug statt Jeans, wellige Locken statt wilde Mähne. Und zur Verwunderung von Parteifreunden hat sich Andrea Nahles auch politisch weiterentwickelt. Bei der Spätabtreibung etwa votierte die Katholikin im Bundestag für die konservative Linie. Auch bei der Patientenverfügung vertrat sie restriktive Positionen. "Frau, gläubig, links - Was mir wichtig ist" heißt ihr Buch, das im Dezember erscheint. Und spöttisch nennen alte Weggefährten die Autorin neuerdings bei ihrem zweiten Vornamen: Maria statt Andrea.

dpa