Neuer Berliner Bischof Dröge steht für tatkräftiges Christsein
Vom Rhein an die Spree: Der bisherige Koblenzer Superintendent Markus Dröge (55) ist neuer Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Der Nachfolger von Wolfgang Huber steht für ein "Christsein der Tat" und will eine Kirche, die glaubwürdig die Interessen der Ausgegrenzten vertritt.
12.11.2009
Von Yvonne Jennerjahn

Aufgewachsen ist er in der Welt, doch im Rheinland hat er vor langem sein Zuhause gefunden. Nun hat der bisherige Koblenzer Superintendent Markus Dröge erneut die Koffer gepackt: Der 55-jährige Theologe ist neuer Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Ein halbes Jahr nach seiner überraschenden Wahl wurde er am Samstag in der Marienkirche am Alexanderplatz als Nachfolger von Wolfgang Huber in sein Amt eingeführt.

"Ich war ein ganz normaler kleiner amerikanischer Junge", erinnert sich der Bischof, der 1954 als Sohn eines Diplomaten in Washington D.C. geboren wurde und dort seine ersten sieben Lebensjahre verbrachte. "Ich habe im Kindergarten Wahlkampf für Kennedy gemacht und ich kenne mich gut mit amerikanischen Süßigkeiten aus." Inzwischen sieht er einiges kritischer. Die Ideale der USA schätze er immer noch, sagt er. Aber Kritik wie am Irakkrieg des früheren Präsidenten George W. Bush "habe ich auch öffentlich geäußert".

Ein Mann mit innerer Unruhe

Mit Berlin ist er bereits seit seiner Geburt verbunden. Denn die Geburtsurkunde wurde vom Standesamt "Berlin 1" ausgestellt, das für im Ausland geborene Deutsche zuständig war. Kindheit und Jugend als Diplomatensohn mit ihren vielen Umzügen von Washington nach Bonn, Paris und Brüssel haben ihn dauerhaft geprägt. "Alle drei bis vier Jahre kommt innere Unruhe in mir hoch", erzählt er. Dass er es trotzdem lange an einem Ort aushalten kann, hat er in den vergangenen Jahrzehnten bewiesen.

Nach dem Studium in Bonn, München und Tübingen trat der Enkel eines SPD-Reichstagsabgeordneten 1983 in Koblenz als Vikar seinen ersten theologischen Dienst an. Seither hat er als Pfarrer in zwei Gemeinden der Stadt gearbeitet. Er ist mit einer Zahnärztin verheiratet, das Paar hat drei Kinder. In Koblenz war Dröge auch lange Vorstandsmitglied der Christlich-Jüdischen Gesellschaft, verfasste seine Doktorarbeit und übernahm an der Universität einen Lehrauftrag für Theologie.

In der Tradition der Barmer Erklärung

Fünf Jahre lang hat er zuletzt als Superintendent auch den Koblenzer Kirchenkreis mit 86.000 Mitgliedern geleitet, den zweitgrößten Flächenkirchenkreis der rheinischen Kirche. Seit 1991 war Markus Dröge Mitglied der rheinischen Synode. Theologisch sieht er sich der basisdemokratischen Verfassung seiner Landeskirche und der Tradition der Barmer Theologischen Erklärung verbunden, mit der sich vor genau 75 Jahren die Bekennende Kirche in der NS-Zeit von den regimetreuen "Deutschen Christen" abgegrenzt hatte.

Christsein müsse ein "Christsein der Tat" sein, betont der künftige Bischof für rund 1,1 Millionen Protestanten in Ostdeutschland. Die Kirche müsse mit professioneller Diakonie "glaubwürdige Anwältin der Ausgegrenzten sein" und mit Kritik und Hilfe einschreiten, wo Menschen durch Armut ihre Würde geraubt werde. "Politiker müssen ihre Ehre wieder daran setzen, Ordnungsrahmen zu schaffen, die dazu führen, dass die Wirtschaft dem Leben dient."

Die evangelische Glaubenstradition zu bewahren und durch Bildungsarbeit "neu zu pflanzen", sieht Dröge als wichtige Zukunftsaufgabe. Und er spricht sich für einen intensiven Dialog mit dem Islam aus, ohne dabei die bestehenden Differenzen zu verwischen. "Das Wichtigste ist, dass ein Bischof auf Menschen zugehen und unterschiedliche Milieus und Regionen zusammenführen kann", umschreibt Markus Dröge seine kommenden Aufgaben. "Und das entspricht meinem Naturell."

Bekenntnis zu Strukturreformen

Ausdrücklich bekennt er sich zu den eingeleiteten Strukturreformen seiner neuen Landeskirche. In seinem bisherigen Kirchenkreis hat er bereits ähnliche Schritte umgesetzt. "Das ist das tägliche Brot für jeden mit einer Leitungsaufgabe." Die im Reformprogramm der Landeskirche gesetzten Ziele müssten nun nachhaltig verfolgt, die Spar- und Strukturprozesse aber "so solidarisch wie möglich" gestaltet werden, betont der Theologe.

Ihm eilt der Ruf eines erfolgreichen Veränderers voraus: Reformen, die er anpacke, verliefen nicht im Sande, heißt es über Markus Dröge. Der künftige Bischof zögert kurz und lacht. Das sei tatsächlich bisher so gewesen, sagt er dann. "Bisher ist es gelungen, tragfähige Konzepte zu entwickeln, und ich hoffe, das wird weiter so sein."

epd