Der Waffenkonstrukteur äußert sich heute meist bestürzt darüber, dass die AK-47 in blutigen Konflikten soviel Leid über die Menschen bringt. Auch am Dienstag, seinem 90. Geburtstag, werden irgendwo auf der Welt weiter Kinder und Erwachsene durch Schüsse aus der Kalaschnikow sterben.
1947 ging das Sturmgewehr in Produktion. Mehr als 60 Jahre später ist es immer noch in fast allen Krisenherden der Erde im Einsatz. "Niemand weiß wirklich genau, wie viele AK-47 im Umlauf sind", sagt Wolf-Christian Paes vom Internationalen Konversionszentrum (BICC) in Bonn. Denn zahlreiche Länder bauten die Waffe in den vergangenen Jahrzehnten nach. Es gibt Produkte mit Lizenz, ohne Lizenz, nachgebaute Gewehre, das Nachfolgemodell AK-74. Schätzungen gehen von 60 bis 100 Millionen Kalaschnikows auf der Welt aus.
Kleinwaffen für Kindersoldaten handhabbar
Unter den mehr als 500 Millionen Kleinwaffen weltweit ist sie damit das am meisten verbreitete Sturmgewehr - und beteiligt am Tod vieler Menschen. "Die meisten Opfer in Konflikten werden durch Kleinwaffen getötet", sagt Andreas Rister, Experte für Kinder in Konflikten bei der Hilfsorganisation "terre des hommes". Sie seien die eigentlichen "Massenvernichtungswaffen".
Nach UN-Angaben kommen täglich zwischen 800 und 1.000 Menschen durch Kleinwaffen um. Und weil diese Revolver, Gewehre und Maschinenpistolen leicht sind, machen sie auch Kinder zu Tätern: Mehr als 300.000 Minderjährige werden weltweit als Kindersoldaten eingesetzt.
Daran hatte Michail Kalaschnikow sicher nicht gedacht, als er 1941 im Lazarett lag und grübelte, wie er eine neue Waffe erfinden könnte. Sein Panzer war von der deutschen Wehrmacht zerstört, er selbst verletzt worden. Die Zeit der Genesung nutzte er, um ein neues Gewehr zu entwickeln. Er studierte Fachliteratur, diskutierte mit Bettnachbarn über die Vor- und Nachteile verschiedener Waffenmodelle.
AK-47 widersteht Kälte und Hitze, Sumpf wie Sahara
Kalaschnikow wurde am 10. November 1919 in dem Dorf Kurja in der Altai-Region geboren. Er war eines von insgesamt 18 Kindern. Die Familie litt unter dem kommunistischen Terror, sie wurde nach Sibirien deportiert. Doch Kalaschnikow gelingt der langsame Aufstieg in der Sowjetunion. Im Zweiten Weltkrieg bringt er es erst zum Oberfeldwebel und Panzerkommandanten, durch die Konstruktion "seiner Waffe" wird er berühmt.
Die AK-47 galt bei den Militärs als perfekt. Sie funktioniert bei Kälte und bei Hitze, im Sumpf und in der Sahara, ist einfach zu bedienen und leicht zu reinigen. "Heute gibt es natürlich längst modernere Waffen, aber die Kalaschnikow ist Jahrzehnte haltbar, und deshalb immer noch so verbreitet", erläutert Wolf-Christian Paes. Zudem sei sie billig. In einigen Länder koste die AK-47 1.500 US-Dollar, in anderen 300 Dollar oder weniger. Nach Angaben des Kinderhilfswerks UNICEF bezahlt man für eine Kalaschnikow in Nord-Uganda soviel wie für ein Huhn, in Angola bekomme man die Waffe für den Gegenwert eines Sackes Mais.
Kalaschnikow als Sportgerät
Michael Swoboda, Geschäftsführer der Firma German Sport Guns in Ense-Höingen bei Arnsberg in Nordrhein-Westfalen, glaubt, dass Kalaschnikow diese Entwicklung nicht gewollt habe. Er hat den russischen Konstrukteur im Dezember 2007 selbst getroffen. "Er kam zu uns in Sauerland, um sich zu überzeugen, dass wir nur für zivile Zwecke produzieren", erzählt Swoboda. Seitdem darf das Unternehmen unter dem Namen "Kalaschnikow" ein Sportgewehr herstellen.
Es ist die einzige Lizenz für Neuproduktionen weltweit. Auch eine kleine Ironie der Geschichte: Um Deutschland zu besiegen, ersann der von der deutschen Armee verletzte Kalaschnikow im Lazarett die Entwicklung einer modernen Waffe. Jetzt baut eine Firma aus dem Land des einstigen Gegners "sein Gewehr" für zivile Zwecke nach.