Iran: Unruhen bei Protesten gegen Ahmadinedschad
Tränengas und "Tod dem Diktator" skandierende Demonstranten: Anlässlich offizieller Feiern erinnert die Situation in Teheran an die Massenproteste nach der Wahl im Sommer.

Bei Protesten gegen den Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad ist es am Mittwoch in der iranischen Hauptstadt zu Zusammenstößen von Oppositionellen mit der Polizei gekommen. Demonstranten riefen nach Angaben von Augenzeugen "Tod dem Diktator", Beamte setzten Tränengas ein. Die Polizei habe auch auf Demonstranten geschossen, berichteten einige der Reformbewegung nahestehende Internetseiten. Teilnehmer konnten nur Schüsse in die Luft bestätigen.

Nach Angaben von Augenzeugen sollen mehrere Menschen festgenommen worden sein. Der frühere Parlamentspräsident Mehdi Karrubi sei von Anhängern des Präsidenten angegriffen worden und habe den Ort der Demonstration verlassen müssen.

Nach der umstrittenen Wiederwahl von Ahmadinedschad im Juni war es immer wieder zu Massenprotesten gekommen, welche die Polizei gewalttätig beendete. Die letzte größere Demonstration fand Mitte September statt. Am Mittwoch wurden auch Ex-Präsident Mohammed Chatami sowie Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi, der in der Wahl - ebenso wie Karrubi - gegen Ahmadinedschad unterlegen war, zu den Protesten erwartet. Die Opposition rechnete mit mindestens zehntausend Demonstranten.

"Nieder mit den USA"

Die Zusammenstöße entwickelten sich am Rande der offiziellen Feiern zum 30. Jahrestag der Erstürmung der US-Botschaft in Teheran: Am 4. November 1979 drangen iranische Studenten in die Vertretung der Vereinigten Staaten ein; es entspann sich ein über ein Jahr dauerndes Geiseldrama. Im Rahmen der offiziellen Feiern fanden auch antiwestliche Demonstrationen statt, bei denen Studenten Schilder mit der Aufschrift "Nieder mit den USA" und "Nieder mit dem Zionismus" schwenkten und US-Flaggen verbrannten.

Mehrere hundert Oppositionsanhänger hatten sich bereits am Morgen in der Nähe der staatlichen Feier vor der früheren US-Botschaft versammelt. Nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Irna waren es nur rund 200 Teilnehmer, Augenzeugen sprachen von mehreren tausend Demonstranten in verschiedenen Teilen der Stadt.

In der Innenstadt waren Sicherheitsbeamte in großer Zahl im Einsatz. Fast alle Straßen in Richtung Innenstadt waren mit Autos verstopft, in einigen Stadtteilen tat sich überhaupt nichts mehr, und die Läden in den betroffenen Gebieten mussten schließen. Ausländische Reporter durften ausschließlich über die staatlichen Feiern berichten.

Bei den Protesten um die Wiederwahl Ahmadinedschads im Sommer waren rund 4.000 Menschen festgenommen worden. Knapp 100 von ihnen sind weiter in Haft, drei wurden zum Tode verurteilt. Verschiedenen Schätzungen zufolge wurden bei den Demonstrationen zwischen 30 und 80 Menschen getötet, eine offizielle Bestätigung gab es nie.

dpa