Dicke Wolken hängen über dem Bochumer Opelwerk. Immer wieder regnet es. Ein trüber Tag für Bochum und die Opelaner an diesem Standort. Die Mitarbeiter sind sichtlich enttäuscht über die Entscheidung von General Motors (GM), Opel doch nicht zu verkaufen. Die Sorge, was nun mit dem Werk und den Arbeitsplätzen passieren wird, ist spürbar. Doch darüber reden wollen nur die wenigsten. Einige kritisieren offen eine Hinhalte-Taktik. "Irgendwann musste die Bombe doch einmal platzen", sagt ein besorgter Opelaner.
Harald Henning kennt das Bochumer Werk genau. Seit 31 Jahren ist Opel sein Arbeitgeber. So schlimm wie derzeit sei die Situation aber noch nie gewesen, auch nicht Mitte der 90er Jahre. Enttäuscht ist der 51-Jährige von den Amerikanern. Doch habe er immer schon etwas geahnt.
Existenzängste
Mit dieser düsteren Vorahnung ist er nicht allein. Auch Michael Schmidt hatte kein gutes Gefühl mit dem am Kauf interessierten Zulieferer Magna. Der stellvertretende Vertauenskörperleiter der IG Metall im Werk I weiß um die Existenzängste der Kollegen. Seit Oktober 2004 sei keine Ruhe mehr im Werk eingekehrt, erzählt er. Die psychische Belastung der Belegschaft sei enorm hoch. Über die Situation äußert er sich gefasst: "Es ist schon traurig, aber irgendwie gewöhnt man sich an diese unbefriedigende Situation und hofft, dass es positiv weiter geht", sagt Schmidt. Denn weiter gehen müsse es auf jeden Fall.
Fabian Troeder und Kevin Janosch verstehen die Sorgen und Nöte der Belegschaft. Die beiden 18-jährigen Bochumer sind an diesem Vormittag zur Werksbesichtigung gekommen. Beide kennen Nachbarn, Freunde und Bekannte, die bei Opel arbeiten. "Es geht um Existenzen, vor allem bei den Mitarbeitern, die Kinder und Familie haben, oder die, die schon älter sind", weiß Troeder. Er selbst wohnt in unmittelbarer Nachbarschaft des Werkes. Opel gehört für den Bochumer einfach dazu. So war es ganz klar, dass seine Familie sich vor fünf Jahre einen Opel kaufte, den der 18-Jährige nun fahren darf.
Der angehende Lackierer könnte sich Opel an und für sich auch als Arbeitgeber gut vorstellen. Die Verdienstmöglichkeiten sollen ganz gut sein, habe er gehört. Deshalb steht das Bochumer Werk bei Troeder, der im kommenden Sommer seine Ausbildung abschließt, noch immer ganz oben auf der "Wunschliste". Anders sieht es sein Berufsschulkollege Janosch: "Wenn ich jetzt fertig wäre, dann würde ich mich nicht bei Opel bewerben. Dann wär' man vielleicht nur noch zwei Monate da und müsste als erster gehen, wenn das Werk geschlossen wird".
"Wechselbad der Gefühle"
Die Vertreter der Bochumer Kirchen haben sich gleich nach den Nachrichten vom geplatzten Verkauf mit den Opelanern solidarisch erklärt. Der Superintendent des Kirchenkreises Bochum, Fred Sobiech, hofft auf eine neue Lösung für Opel und eine endgültige Klärung der Situation. Dass nach allen Gesprächsrunden, Beratungen und Verhandlungen nun alles vom Tisch sei, ist für ihn eine Enttäuschung. Die Verunsicherung der Belegschaft verstehe er gut, betont Sobiech.
Auch Sobiechs katholischer Kollege Lothar Gräfingholt, "der Bochumer Junge," wie er sich selbst nennt, kennt die Situation der Opelaner. Dieses Hin-und-Her sei für die Mitarbeiter das Schlimmste, sagt der Vorsitzende des Bochumer Katholikenrates. Seit Monaten hätten sie keine Klarheit über ihre Zukunft gehabt. Die Angst gehe nun wieder um in Bochum.
Betriebsratschef Rainer Einenkel hatte sich für seine Mitarbeiter eingesetzt. Sie seien nun in einem "Wechselbad der Gefühle". Viele hätten darauf gehofft, dass endlich der nächste Schritt geschehen würde. Deshalb sei die Verärgerung jetzt umso größer. Wie es weiter gehe, müsse aber erst besprochen werden. Bei der Informationsveranstaltung am Donnerstag werden die Opelaner weiteres erfahren. Am heutigen ersten Tag nach der Absage von GM sehen einige Bochumer die Situation daher ganz pragmatisch: "Wir machen das, was von uns verlangt wird", sagt ein Mitarbeiter der Mittagsschicht "Wir halten unsere Verträge".
epd