Die jungen Menschen zu freiwilligen Diensten motivieren!
Die Koalition von CDU/CSU und FDP hat in ihren Koalitionsvertrag vereinbart, den Wehrdienst und damit auch den Zivildienst ab 2011auf sechs Monate zu verkürzen. Das ist ein rein politischer Kompromiss, der beiden Seiten das Gesicht wahren soll, aber die Konsequenzen nicht bedenkt.
04.11.2009
Von Renke Brahms

Diese Lösung ist die unglücklichste aller möglichen Entscheidungen. Hier ist die Politik aus parteitaktischem Kalkül auf halbem Wege stehen geblieben. Das ist nichts Halbes und nichts Ganzes.

Die ersten Wohlfahrtsverbände haben schon angekündigt, nun aus dem Zivildienst auszusteigen. Das ist nachvollziehbar, wird aber sicher auch nicht flächendeckend geschehen. Viele Dienste der Zivildienstleistenden benötigen eine Einarbeitungsphase, die sich für eine sechsmonatige Dienstzeit nicht mehr lohnt. In anderen Bereichen, wie der Betreuung von behinderten Kindern im Kindergarten, ist ein Einsatz ständig wechselnder Betreuungspersonen nicht sinnvoll.

Idee des Lerndienstes bedroht

In manchen Bereichen mag es auch mit sechs Monaten noch ein einigermaßen sinnvoller Dienst sein. Allerdings ist die in den letzten Jahren entwickelte Idee einer Verstärkung des Zivildienstes als Lerndienst nun nicht mehr wirklich umzusetzen. Denn jeder Zivildienstleistende hat seine Einführungslehrgänge - Zeit, die er nicht an seiner Einsatzstelle verbringt. Und um die Idee des Lerndienstes ernst zu nehmen, werden weitere Zeiten für fachliche Begleitung und Reflexion der gemachten Erfahrungen benötigt. Bei einem sechs Monate dauernden Einsatz bliebe kaum noch Zeit für den eigentlichen Dienst. So besteht die Gefahr, dass die Idee des Lerndienstes in Trümmern liegen wird.

Man mag zur Frage der Wehrpflicht unterschiedlicher Meinung sein. Angesichts der Wehrungerechtigkeit - nur vergleichsweise wenige der Wehrpflichtigen werden auch zum Dienst eingezogen - wäre es nun konsequent gewesen, den Weg zu einer Freiwilligenarmee zu beschreiten. So wäre auch eine klare Entscheidung für den Ausbau der Freiwilligendienste möglich.

Aber auch wenn jetzt (noch) nicht das Ende der Wehrpflicht eingeläutet wird, ist solch ein Ausbau nötig. Junge Menschen müssen für ein freiwilliges soziales, ökologisches oder kulturelles Jahr motiviert werden. Aufgabe der Regierung ist es, dafür auch die politischen und finanziellen Rahmenbedingungen zu schaffen.


 


Renke Brahms ist der leitende Geistliche der Bremischen Evangelischen Kirche und Friedensbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).