Als wir das erste Mal lasen, dass Gruner + Jahr eine neue Zeitschrift namens "Business Punk" herausbringen will, dachten wir: Endlich mal eine klar umrissene Zielgruppe, es kann nur einen geben, an den sich diese Zeitschrift richtet - Sascha Lobo, den Werbefachmann, der den roten Punker-Hahnenkamm zum salonfähigen Markenzeichen gemacht hat. "Business Punk", so lasen wir, soll sich mit dem schönen Untertitel "work hard, play hard" an Männer richten, die "für ihren Job und ihr Leben brennen". Männer, die "radikal, kompromisslos und erfolgreich sind", die "ihr Geld verdienen, um es auszugeben". Das wiederum erinnerte uns an den Warnhinweis auf der Zigarettenschachtel: ",Business Punk? richtet sich vorwiegend an Karrieristen mit Ellbogen aus Stahl und Kotzbrocken und kann Sie noch einsamer machen, als Sie ohnehin schon sind."
Seit wir "Business Punk" in der Hand hatten, sind wir noch ratloser. Wer bitte soll ernsthaft eine Zeitschrift lesen wollen, deren Redaktion im Editorial schreibt: "Hier geht es um Wirtschaft jenseits von Umsatzzahlen und Gewinnprognosen. Es geht um das laute schnelle Leben, das hinter dem Business tobt." Das klingt, als hätte die Redaktion diese Phrasen aus dem Konzeptpapier abgeschrieben, mit dem die Macher von "Business Punk" die Manager von Gruner + Jahr rätselhafterweise davon überzeugten, dass es diese Zeitschrift geben muss.
"Fuck you"
Leitbild (und Zielgruppe?) von "Business Punk" sind Manager wie Malcolm McLaren, der vor gut 30 Jahren die Sex Pistols erfand und in dem Film "The Great Rock'n Roll Swindle" erklärte, wie es ihm gelang, eine Band, deren Musiker nicht wirklich singen konnten und gerade mal ein paar Akkorde auf der Gitarre schrammeln konnten, international zu vermarkten. Ein Artikel - gewissermaßen das Glaubensbekenntnis von "Business Punk" - referiert denn auch unter der Überschrift "Never mind the crisis. Here's the business punk" diese ganze 30 Jahre alte Geschichte noch einmal, garniert mit Phrasen wie: "Sie schaffen und zerstören, und während sie Millionen machen, tobt eine Bestie in ihnen. Ihre Attitüde ist immer ein großes Whatever und mitunter ein dröhnendes, breit grinsendes Fuck you."
O.k, wir haben verstanden. Aber was wollen sie in der nächsten Ausgabe von "Business Punk" schreiben? Die gleichen Phrasen noch mal? "Laut sein, erfolgreich sein und den Erfolg zeigen"? "Karriere ist Krieg"? Ein bisschen wundern wir uns schon über das steinzeitliche Männerbild, das der große Verlag an der Elbe mit seinen drei Newcomern ("Beef", "Galamen", "Business Punk") propagiert, und über die unterkomplexe Vorstellung von wirtschaftlichen Prozessen, die dieses Magazin vor sich herträgt. Wollen Mammutjäger solche Phrasen wirklich lesen? Anders gefragt: Können sie überhaupt lesen?
Krise der Männlichkeit
Die Krise der Männlichkeit, über die Hellmuth Karasek kürzlich in der "Welt" wieder einmal wortreich lamentiert hat ("Die Männer, wir Männer, sind verunsichert, kein Wunder, wenn sich tausend Jahre alte Sitten, Gebräuche, Regeln und Gesetze, Gewohnheiten und Rollen so gründlich verändern"), manifestiert sich in Zeitschriften wie "Business Punk". Hier suchen offenbar ein paar total verunsicherte Jungs Helden, zu denen sie aufschauen können. Ein bisschen erinnert das an jene traurigen teutonischen Gestalten, die in Spanien plötzlich glauben, im Land des Machismo könnten sie endlich auch mal ein echter Mann sein. Ein erbärmliches Schauspiel, denn diesen Möchtegern-Casanovas fehlt das, was den echten Latin Lover auszeichnet: Charme und spielerische Leichtigkeit. "Play hard" ist genau das Gegenteil davon.
Auch "Business Punk" ist eben nicht cool, sondern vor allem langweilig und uncharmant. Die zwei anregendsten Seiten des Hefts zeigen U-Bahn-Pläne aus Tokio, San Francisco, Los Angeles, Moskau, Kopenhagen und Peking. Die Klarheit und Komplexität dieser Pläne sagt in der Tat viel über die Städte, unter denen diese Bahnen verkehren. Vielleicht wäre das ein Ansatz, den der internationale Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr ausbauen sollte, denn das gibt es noch nicht: Ein Magazin zum öffentlichen Nahverkehr in aller Welt.
Die Glosse von Diemut Roether ist in der Ausgabe 86/09 des Fachdienstes epd medien erschienen.