Stichwahl in Afghanistan: Karsais Herausforderer sagt ab
Weil die Regierung "unangemessen" auf seine Forderungen reagiert habe, erneuten Wahlbetrug zu unterbinden, hat Abdullah Abdullah die Teilnahme an der Stichwahl ums Präsidentenamt abgesagt.

Sechs Tage vor dem geplanten Wahlgang in Afghanistan sagte der Herausforderer von Präsident Hamid Karsai: "Ich werde an der Wahl am 7. November nicht teilnehmen." Er protestiere damit gegen die "unangemessenen Taten" der Regierung und der umstrittenen Wahlkommission (IEC), so der Ex- Außenminister am Sonntag in Kabul. Abdullah hatte bei der Stichwahl erneut Wahlbetrug befürchtet, wie es ihn bei der ersten Runde am 20. August gegeben hatte. Er hatte erfolglos gefordert, dass Karsai den IEC-Chef und drei Minister ablöst.

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Abdullah waren bei der für kommenden Samstag geplanten Stichwahl wenig Chancen eingeräumt worden. Nach dem um gefälschte Stimmen bereinigten amtlichen Endergebnis hatte der Ex-Außenminister bei der ersten Wahlrunde fast 20 Prozentpunkte hinter Karsai gelegen. Der Amtsinhaber hatte die absolute Mehrheit mit 49,67 Prozent der Stimmen knapp verfehlt. Daher war eine Stichwahl zwischen Karsai und Abdullah notwendig geworden. Die afghanische Verfassung sieht den Rückzug eines Kandidaten bei der Stichwahl nicht vor.

Findet Stichwahl trotzdem statt?

Unklar blieb, ob Karsai nun ohne Stichwahl weiterregieren oder die Abstimmung trotz Abdullahs Rückzug stattfinden könnte. Artikel 61 der Verfassung bestimmt, dass der Präsident im ersten Wahlgang mit mehr als 50 Prozent der Stimmen gewählt werden muss, was Karsai nicht gelungen war. Der Präsident äußerte sich zunächst nicht. Nach offiziellen Angaben sind bereits rund 15 Millionen Wahlzettel für die Stichwahl zwischen Karsai und Abdullah gedruckt.

Ein Sprecher von Präsident Karsai erklärte, die Wahl werde stattfinden. Unklar war zunächst die Haltung der Vereinten Nationen, die die Wahl zum großen Teil organisieren. Die UN-Vertretung in Kabul erklärt lediglich, man wünsche einen "legalen und zeitnahen" Abschluss der Wahl. US-Außenministerin Hillary Clinton erklärte, die Legitimität der Wahl sei mit dem Rückzug Abdullahs nicht infrage gestellt.

Von Betrug überschattete erste Runde

Die erste Runde der Präsidentenwahl am 20. August war von Wahlbetrug und Manipulation überschattet gewesen. Ein Streit über das Ausmaß der Fälschungen zog sich über Wochen hin. Die von der UN geleitete Wahlbeschwerdekommission erklärte schließlich ein Viertel aller abgegebenen Stimmen für ungültig und stellte sich so gegen die Wahlkommission, die Karsai zum Sieger der ersten Runde mit 54 Prozent der Stimmen erklärt hatte.

Karsai wurde daraufhin der Sieg aberkannt und sein Stimmenanteil auf 49 Prozent korrigiert. Damit wurde eine Stichwahl gegen seinen Rivalen Abdullah notwendig. Das afghanische Wahlgesetz sieht keine Regelung für den Fall vor, dass ein Kandidat sich aus der Stichwahl zurückzieht.

Taliban kämpfen gegen die Wahl

Die Taliban haben angekündigt, die Stichwahl am 7. November zu stören. Die Aufständischen hatten bei der ersten Runde am 20. August zahlreiche Anschläge und Angriffe verübt. Am vergangenen Mittwoch waren bei einem Angriff der Taliban auf ein UN-Gästehaus in Kabul auch fünf Mitarbeiter der Vereinten Nationen getötet worden. Die Aufständischen, die ein islamisches Emirat in Afghanistan und einen Abzug der ausländischen Truppen fordern, hatten den Angriff als Beginn ihrer Operation gegen die Stichwahl bezeichnet.

dpa/epd