Jürgen Riegers Tod bringt die NPD in die Bredouille
Lange Zeit sorgte der rechtsextreme Anwalt Jürgen Rieger mit seinen Projekten für Schrecken - jetzt starb er an den Folgen eines Schlaganfalls. Mit dem Tod ihres Großfinanziers muss die NPD um ihre Existenz bangen. Während die von Riegers Plänen für Neonazi-Zentren betroffenen Kommunen aufatmen, könnte es für die finanziell angeschlagene rechtsradikale Partei eng werden.

Zwar ist noch unklar, was mit dem auf eine halbe Million Euro geschätzten Erbe des NPD-Bundesvize geschehen wird, seine Familie allerdings hat seinen rechtsradikalen Kurs nicht geteilt. Die Trauerfeier soll im Familienkreis stattfinden und sein Grab nicht zu einer Pilgerstätte für die Rechten werden, erklärte Riegers Sohn. Der Anwalt war am Donnerstag mittag im Alter von 63 Jahren in einem Berliner Krankenhaus den Folgen eines Schlaganfalls erlegen.

Immobilienkäufer und Gemeindeschreck

Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes verliert die rechte Szene mit Rieger ihren zentralen Geldgeber. Dabei steht die NPD ohnehin schon vor dem finanziellen Kollaps. Wegen Verstößen gegen das Parteiengesetz soll sie 1,27 Millionen Euro in die Staatskasse zurückzahlen, zugleich erleichterte der ehemalige Schatzmeister die Partei um mindestens 700.000 Euro. "Da steht jetzt kein Finanzier mehr, der aus seiner Schatulle zuschießt", meinte Niedersachsens Verfassungsschutzpräsident Günter Heiß. "Die müssen sich schon Sorgen machen." Unbekannt sei noch, ob Rieger die rechte Szene in seinem Testament mit Geld bedacht habe. Ein rechter Anhänger sorgt sich bereits in einem Blog: "Ich hoffe nur, das mit seinem Tod nicht die ganze NPD in sich zusammenfällt." Rieger hatte die NPD nach Angaben des Verfassungsschutzes mehrfach mit Beträgen von mehreren hunderttausend Euro unterstützt.

Ob in Delmenhorst, Melle, Warmensteinach oder Wunsiedel - Riegers Masche war immer dieselbe. Der Anwalt trat als Kaufinteressent für heruntergewirtschaftete Hotels, Gasthäuser oder Kinos auf und präsentierte Pläne für rechtsradikale Schulungszentren. Es folgten Bürgerproteste, ein juristisches Tauziehen und oft überteuerte Gegengebote der Kommunen, um dem rechten Spuk ein Ende zu setzen. In Delmenhorst erwarb die Stadt gar mit Hilfe von Bürgerspenden ein marodes Hotel für drei Millionen Euro - um es dann in diesem Frühjahr dem Erdboden gleichzumachen. Immer stand dabei der Vorwurf der Preistreiberei im Raum und der Verdacht, der Anwalt könne am Ende von dem Geschacher selber profitieren.

Polarisierende Führungsfigur der Rechten

"Durch den Tod von Herrn Rieger stehen wir als Gemeinde natürlich nicht mehr so stark unter Druck", sagte der Bürgermeister von Faßberg, Hans-Werner Schlitte am Freitag. Im dem Ort bei Celle hatte Rieger ein leerstehendes Landhotel kaufen wollen, ein Versteigerungstermin steht bevor. Parallel trieb der Anwalt in Wolfsburg Pläne für ein Museum voran, das an die Nazi-Organisation "Kraft durch Freude" erinnern sollte. Rieger sei die wesentliche Triebfeder des Projekts gewesen, mit seinem Tod ändere sich die Situation, sagte Stadtrat Werner Borcherding am Freitag. "Allerdings müssen wir sehen, wer folgt ihm nach?"

Ideologisch verliert die rechte Szene mit Rieger eine polarisierende Führungsfigur, die der rechten Szene zu regelmäßiger Medienpräsenz verhalf. Wenn es nicht Riegers - am Ende stets erfolglose - Immobilienprojekte waren, die Schlagzeilen machten, dann waren es seine Auftritte vor Gericht, wo er Holocaust-Leugner oder Menschen vertrat, die die Echtheit der Tagebücher der Anne Frank in Zweifel zogen. Immer wieder wurde auch gegen Rieger selbst ermittelt - etwa weil er mit einem Wehrmachtsfahrzeug mit SS-Abzeichen herumfuhr, ein Sturmgewehr zu Hause hütete oder die Judenvernichtung im Warschauer Ghetto infrage zog.

dpa