Am Donnerstag folgt der große Rest der Wechsel. Insgesamt sind es im Berliner Regierungsviertel zwölf Ministerien, die jetzt einen neuen Chef bekommen.
[linkbox:nid=5628,5577,5509;title=Mehr zur Regierungsbildung]
Es muss dann ja nicht überall so geschäftsmäßig ablaufen wie im Entwicklungsministerium, einem Zweckbau in der Nähe des Potsdamer Platzes. Die SPD-Linke Wieczorek-Zeul nannte den Namen des Nachfolgers in einer viertelstündigen Abschiedsrede gerade ein einziges Mal. Und schrieb ihm ins Stammbuch, die deutsche Entwicklungshilfe sei heute "auf der Höhe der Zeit". "Wir gelten international als ein Land, das seine Verantwortung wahrnimmt."
FDP wollte Auflösung des Ministeriums
Die Ermahnungen haben ihre Vorgeschichte. Immerhin verlangte die FDP bis zur Vergabe der Ministerposten über Jahre hinweg immer wieder, dass das Entwicklungsministerium aufgelöst und dem Auswärtigen Amt zugeschlagen wird. Und ausgerechnet Niebel rechnete in seiner bisherigen Eigenschaft als FDP-Generalsekretär kürzlich noch vor, dass man mit 100 Millionen Euro Entwicklungshilfe auch ein Jahr lang das Gehalt von 2.000 Grundschullehrern in Deutschland bezahlen könnte.
Jetzt allerdings gehört das Entwicklungsministerium zu einem von fünf Ressorts, in denen die FDP den Chef stellt. Kein Wunder, dass Niebel von vielen Seiten sehr argwöhnisch betrachtet wird. Die Opposition spottet bereits darüber, dass er wohl der "Abwicklungsminister" für das Haus mit seinen 614 Beschäftigten sei. "Da wird der Bock zum Gärtner gemacht", wettert der grüne Entwicklungspolitiker Thilo Hoppe. Bei Hilfsorganisationen ist die Sorge groß, dass Projekte gekürzt werden.
Der SPD-Politiker Erhard Eppler, der von 1968 bis 1974 selbst an der Spitze des Entwicklungsministeriums stand, schlug in dieselbe Kerbe: "Die Ernennung eines Mannes, der zur Sache des Ministeriums noch nie etwas gesagt hat, wohl aber seine Abschaffung fordert, empfinde ich als grobe Missachtung der Mitarbeiter des Ministeriums und der Sache, für die es geschaffen wurde", sagte Eppler der "Rheinischen Post".
Deutschland in der Pflicht
Auf jeden Fall hat der ausgebildete Fallschirmjäger Niebel einiges an Erklärungsarbeit vor sich. Am Mittwoch beeilte er sich klarzustellen, dass das Entwicklungsministerium seine Arbeit fortsetzen werde - "natürlich als eigenständiges Ministerium und nicht als Abteilung eines anderen Ministeriums". Man werde aber auch keine "Neben-Außen-Politik" betreiben.
Aufgrund von internationalen Zusagen müsste Deutschland eigentlich schon nächstes Jahr 0,51 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Entwicklungshilfe zur Verfügung stellen - das hätte allerdings auch Wieczorek-Zeul nicht geschafft. Deutschland hat sich aber auch international verpflichtet, die Entwicklungshilfe bis 2015 auf 0,7 Prozent seiner Wirtschaftsleistung zu steigern. Im Koalitionsvertrag bekennt sich Schwarz-Gelb noch zu der Prozentzahl - ohne konkretes Datum. Und auch Niebel ließ offen, ob es bis 2015 etwas daraus wird.