Angeklagter im Dresdner Mordprozess rastet aus
Er schlug seinen Kopf auf die Tischplatte, stampfte und brüllte: Der Angeklagte im Prozess um den Mord an der Ägypterin Marwa El-Sherbini ist am Mittwoch im Dresdner Landgericht ausgerastet. Nur mit Mühe ließ sich Alex W. ruhigstellen.

Drei Beamte mussten den aus Russland stammenden Deutschen an den Schultern und an den Füßen festhalten. Danach wurde die Bewachung für den 28-Jährigen verstärkt. Statt vier hielten am dritten Verhandlungstag zeitweise neun Polizisten den Angeklagten in Schach.

Alex W. muss sich seit Montag wegen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht Dresden verantworten. Laut Anklage hat er am 1. Juli bei einer Berufungsverhandlung im gleichen Gebäude die 31-jährige Ägypterin aus Fremdenhass getötet und ihren 32 Jahre alten Mann schwer verletzt. Schon vor der Bluttat habe er dem Gericht ausländerfeindliche Antworten gegeben, sagte der damalige Pflichtverteidiger Marcus Haselier als Zeuge.

Noch immer entsetzt beschrieb Haselier dann, teils mit stockender Stimme und mit den Tränen ringend, das Geschehen im Gericht. Alex W. habe "wie ein rasendes Tier" auf die Frau eingestochen, auch als die junge Mutter zu Boden gegangen sei. Später habe der Russlanddeutsche dann die lange Klinge auch gegen den Ehemann, den Vorsitzenden Richter und ihn selbst gerichtet. "Der Angriff auf die Frau war wie ein Blitz aus heiterem Himmel", sagte der Rechtsanwalt, der einen Stuhl auf den Rasenden geworfen hatte.

Angeklagtem wird Arzt zur Seite gestellt

"Es gab für mich nicht ansatzweise irgendein Anzeichen, dass der Mann, der sicher patzig, trotzig, verbohrt und introvertiert ist, einen Schalter umlegt und zum viehischen Tier wird." Dabei habe dieser keinen Ton von sich gegeben.

Alex W., der seit Prozessbeginn schweigt, sich vermummt und meist mit verdecktem Gesicht auf der Anklagebank sitzt, sorgte für erhebliche Verzögerung am dritten Verhandlungstag. Nach dreieinhalb Stunden und zweifacher Feststellung seiner Verhandlungsfähigkeit wurde ihm ein Arzt zur Seite gestellt. Dieser misst nun regelmäßig Blutdruck und beobachtet ihn wegen eines möglichen Schädel-Hirn-Traumas.

Nach Angaben der Kammer hatte Alex W. schon am Dienstag auf dem Rückweg ins Gefängnis Widerstand geleistet. Polizisten hätten den Mann gebändigt, ihn aber keinesfalls auf den Kopf geschlagen, sagte die Vorsitzende Richterin Birgit Wiegand. Alex W. war am Morgen gegen seinen Willen ins Gericht gebracht worden und hatte ein Hämatom an der Stirn und ein blaues Auge, wie Pflichtverteidiger Michael Sturm sagte. Im Gefängnis, wo er in Einzelhaft sitzt, hatte er über Schwindel und Schmerzen geklagt. Richterin Wiegand sagte, Alex W. habe auf der Fahrt zum Gericht seinen Kopf gegen die Autoscheibe geschlagen. Sie warnte den Beschuldigten davor, sich weitere Verletzungen zuzufügen.

dpa