Schweine, Elefanten, Zwerge: Spardosen haben viele Gesichter
Der Mann sitzt mit versteinerter Miene da und greift nach der Münze. Kaum hat er sie in der Hand, geht alles sehr schnell: Ein Klack, eine Handbewegung und die Münze verschwindet in seiner Brusttasche. Den Erhalt der Münze quittiert der korpulente Herr aus Gusseisen mit einem Nicken. Mit der populären Spardose karikierte der amerikanische Hersteller John D. Hall der Legende nach einen der korruptesten Männer Amerikas, den New Yorker Politiker William Tweed (1823-1878).
28.10.2009
Von Martin Meuthen

Tweed hatte sich während seiner politischen Karriere hemmungslos bereichert, ehe er schließlich von einem Gericht verurteilt wurde. Die Spardose "Fetter Mann" wurde ein halbes Jahrhundert lang in großer Zahl hergestellt. Ihr Erfolg dürfte auch im Belohnungsprinzip liegen, das jeden Münzeinwurf zu einem kleinen Erlebnis werden lässt.

Vom Zwerg bis zum Gebäude

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Der Sammler Lothar Graff hat viele Beispiele dafür zusammengetragen, dass Spardosen viel mehr sind als simple Münzbehälter. "Heute denken die Leute bei Spardosen immer nur an blaue, grüne und rote Plastiksparschweinchen", sagt Graff. Er sammelt seit rund 30 Jahren alles, was nach Spardose aussieht. Mit einer Einschränkung: "Nur Spardosen bis 1940 - was danach kommt ist Massenware."

Über die Jahre hat er es auf mehr als 2.000 Stück gebracht. Dosen aus Holz, Metall, Porzellan, Silber und sogar Elfenbein sind dabei. Die Sammlung umfasst Zwerge, Tiere, Gebäude und menschliche Figuren als Spargefäße.

Sparschwein aus Schweinheim?

Die Vielfalt der Sparbehältnisse lässt die "Schutzgemeinschaft Deutsches Sparschwein" bereits befürchten, dass das deutsche Sparschwein durch andere Spartiere wie Elefanten, Bären oder Pinguine verdrängt werden könnte. Auf ihrer Internetseite www.sparschweinschutz.de reimt sich die Schutzgemeinschaft, hinter der eine Internetfirma steckt, ihre eigene Entstehungsgeschichte des deutschen Ur-Sparschweins zusammen.

Demnach soll die älteste deutsche Keramiksau einem Ritter im 16. Jahrhundert auf der Burg Schweinheim gehört haben. Selbst wenn das stimmen sollte, ist sie höchstens Deutschlands zweitälteste Spardose in Form eines Borstentiers. Das älteste Sparschwein stammt aus dem 13. Jahrhundert und wurde im thüringischen Billeben gefunden. Zu sehen ist es in der Schatzkammer Kemnade in Hattingen.

Noch verbreiteter als die Fruchtbarkeit und Glück versprechenden Sparschweine sind seit jeher einfache Sparbüchsen in Vasenform. Man findet sie nahezu in allen Erdteilen. Schon die Römer stellten diese Gefäße massenhaft mit Töpferscheiben her. Wer an das Geld gelangen wollte, musste die Tonsparbüchsen zerschlagen. Die Scherben landeten dann oftmals in den Fäkaliengruben. "In der weichen Pampe sind die nicht kaputt gegangen und haben die Jahrhunderte überstanden", erklärt Lothar Graff. In Städten mit römischer Vergangenheit wie Köln werden solche Scherben gelegentlich bei Bauarbeiten entdeckt.

Spardosen verlieren an Bedeutung

Aus der Metropole am Rhein stammt auch die Idee für eine der wohl beliebtesten Spardosen, den Sparautomaten. In Anlehnung an seine populären Schokoladenautomaten in Bahnhöfen entwickelte das Kölner Unternehmen Stollwerck eine Miniaturausgabe. Nach dem Münzeinwurf durch das Dach des Automaten konnte man sich eins der Täfelchen aus der Schublade ziehen. Ein Renner vor allem bei Kindern. Ob die üppig verzierten Sparautomaten wirklich das Sparen gefördert haben, ist jedoch fraglich.

Sicher ist, dass derart aufwendig gestaltete Spardosen heute eine absolute Seltenheit sind. Spardose und Sparen haben nach Ansicht Lothar Graffs generell an Bedeutung verloren: "Der Stellenwert ist nicht mehr so wie früher, weil wir alle in einem gewissen Überfluss leben", vermutet der Sammler.

Internet: www.geldgeschichte.de

epd