Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Horst Köhler sollen auf der Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Stuttgart im Juli 2010 reden. Der designierte LWB-Generalsekretär, der chilenische Theologe Martin Junge, sagte am Dienstag dem epd in Genf: "Es wäre sehr bedeutungsvoll für uns, wenn die Bundeskanzlerin und der Bundespräsident den Lutherischen Weltbund in Stuttgart besuchen würden." Der Dachverband repräsentiert knapp 70 Millionen Christen.
Weniger als ein Jahr vor Beginn des Treffens in der Landeshauptstadt Baden-Württembergs hoffen die Lutheraner auf eine Zusage Merkels und Köhlers, die beide evangelisch sind. Zu der elften Vollversammlung erwartet der LWB Hunderte Vertreter seiner 140 Mitgliedskichen aus 79 Ländern.
Starke ökumenische Akzente erhofft
Der chilenische Pfarrer Junge, der sein neues Amt in der zweiten Jahreshälfte 2010 antritt, hofft auch auf starke ökumenische Signale aus Stuttgart. "Wir wollen die lutherischen Kirchen in Deutschland und ihre ökumenischen Beziehungen näher kennen lernen", sagte der 48-Jährige. Junge hat deutsche und österreichische Vorfahren, studierte Theologie in Göttingen und spricht perfekt Deutsch.
"Wir wollen auch den Menschen, die nicht so stark an Kirche interessiert sind, eine ökumenische Vitalität präsentieren", so Junge. In Stuttgart sollten die Lutheraner auch klare Zeichen gegen Gewalt und Unterdrückung setzen. "Wir müssen auch klar machen, dass Religion nicht für politische Zwecke missbraucht werden darf", forderte der Chilene. Der Rat des LWB hatte Junge am Montag zum Nachfolger des aus Simbabwe stammenden Ishmael Noko (65) gewählt. Die Amtszeit Junges dauert sieben Jahre.
Bedauern über Verfolgung der Täufer
Der LWB-Rat verabschiedete zudem eine Erklärung, in der "tiefes Bedauern und Kummer" über die Verfolgung der religiösen Täuferbewegung vor knapp 500 Jahren in der Reformationszeit geäußert wird. In dem Statement werden "Gott und unsere mennonitischen Schwestern und Brüder" um Vergebung gebeten. Lutherische Reformatoren hatten die Verfolgung der Mennoniten auch im Südwesten Deutschlands mit theologischen Argumenten unterstützt. Der LWB-Rat empfahl der Vollversammlung in Stuttgart, die Erklärung mit der Bitte um Vergebung anzunehmen.
Hintergrund ist der Dialog zwischen Lutheranern und Mennoniten. Die historische Friedenskirche der Mennoniten ist unter anderem aus der Täufer-Bewegung des 16. Jahrhunderts entstanden. Die Täufer strebten eine strukturell und inhaltlich weitergehende Reform der Kirche an. Sie werden heute als "linker Flügel" der Reformation bewertet, weil für sie das Christentum schon früh mit der Schaffung gerechter sozialer Verhältnisse verbunden war. Der verbreitete Begriff "Wiedertäufer" wird von den Mennoniten als polemisch zurückgewiesen.