Aus dem Maschinenraum (6): Nachhaltigkeit
Einen Drucker wegwerfen, nur weil ein neues Betriebssystem da ist? Ein Notebook verschrotten, nur weil ein winziges Ersatzteil nicht mehr lieferbar ist? Das scheint für unseren Kolumnisten Michael Stein nicht mehr so recht in die Zeit zu passen. Ein Plädoyer für mehr Nachhaltigkeit auch bei Computer & Co.
27.10.2009
Von Michael Stein

Mein Auto hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel (Baujahr 1998), nach wie vor bringt es mich aber zuverlässig ans Ziel. Ein paar kleinere Wehwehchen hat der Kleine mittlerweile schon – unter anderem stellt der Heckscheibenwischer gelegentlich spontan seine Arbeit ein. Neulich habe ich mich erkundigt: Natürlich gibt es einen neuen Wischermotor auch nach elf Jahren noch als Ersatzteil, und bei der nächsten Inspektion werde ich ihn ersetzen lassen.

Auch mein Tintenstrahldrucker ist nicht mehr der Allerjüngste. Im Herbst 2004 hatte ich ihn angeschafft. Der "Photosmart 2410" von Hewlett Packard ist ein Multifunktionsgerät, das drucken, scannen, kopieren und faxen kann. Fünf Jahre lang verrichtete es ohne größere Macken seinen Dienst. Bis neulich. Da habe ich nämlich meinen Arbeitsplatz-Mac auf die neue Betriebssystem-Version 10.6 ("Snow Leopard") upgedatet. Das hätte ich wohl lieber nicht tun sollen, denn seitdem kann ich mit dem Gerät nicht mehr scannen. Zuerst habe ich einen Fehler bei der Installation vermutet, bis ich im Internet lesen musste, dass die Scanfunktion des Gerätes unter dem neuen Betriebssystem offenbar einfach nicht mehr unterstützt wird.

Verkaufsförderung

Dabei scheint es sich um eine ganz alltägliche Verkaufsförderungsmaßnahme des Drucker-Herstellers zu handeln. Was man dazu wissen muss: Die nötigen kleinen Programme ("Treiber"), damit ein Drucker oder Scanner mit einem Computer zusammen arbeitet, muss der Hersteller des Gerätes dem Hersteller des Betriebssystems zur Verfügung. stellen. Und für ein fünf Jahre altes Gerät tut er das eben offenbar nicht mehr. Mehr noch: Will man für das Gerät telefonische Hilfe haben, muss man für die Nutzung der telefonischen Hewlett-Packard-Hotline für ein Gerät, das sich außerhalb der Garantiezeit befindet, satte 19,99 Euro bezahlen. Will man seine Kunden so dazu bringen, ein neues Gerät des selben Herstellers zu kaufen? Ein eher untaugliches Mittel.

Hewlett Packard befindet sich mit solcher Praxis aber offenbar in guter Gesellschaft. Regelmäßig verkündet zum Beispiel auch Apple, welche Geräte gerade ihr Lebensende ("end of life status") erreicht haben. Macs, die älter als fünf Jahre sind, werden von Apple somit kurzerhand für tot erklärt. Das könnte ihren Besitzern zwar herzlich egal sein, eine solche Todesanzeige ist jedoch mit etwas höchst Unangenehmem verbunden: Für tote Geräte gibt es nämlich keine Ersatzteile mehr. Und technische Unterstützung schon gar nicht. So kommt es also zu der absurden Situation kommen, dass man zum Beispiel ein eigentlich noch gutes Apple-Notebook verschrotten muss, weil es das entsprechende Ersatzteil nicht mehr gibt.

Langlebig darf auch teurer sein

Das waren nur zwei Beispiele für eine mittlerweile gängige Praxis in der Computer-Industrie. Verdienen kann man schließlich nur dann wieder etwas, wenn der Besitzer eines Gerätes möglichst schnell wieder ein neues kauft. Das ist bei Haushaltsgeräten oder Fernsehern nicht anders. Aber es gibt auch Gegenbeispiele: Der deutsche Hersteller Miele etwa ist dafür bekannt, auch nach vielen, vielen Jahren noch Ersatzteile für seine Geräte liefern zu können.

Und Philips hat mit seiner "Robust Collection" unlängst eine Serie langlebiger, stabiler Küchengeräte auf den Markt gebracht. Die Verwendung von Edelstahl und anderen robusten Materialien sollen dafür sorgen, dass die Geräte ein Leben lang halten. Zum Beweis dafür gewährt der Hersteller zum Beispiel auf den Motor einiger Geräte eine Garantie von 15 Jahren. Die Geräte der "Robust Collection" sind zwar teurer als andere, unterm Strich soll die Rechnung aber aufgehen – für Käufer, Hersteller und Umwelt. Denn für ein langlebiges, gut reparierbares Gerät sind viele Menschen bereit, ein wenig mehr Geld zu investieren. Und das gilt ganz sicher nicht nur für Waschmaschinen und Stabmixer.


Über den Autor:

Michael Stein (Konfirmation 1976) arbeitet seit 1986 als Wissenschaftsjournalist mit Schwerpunkt Technik für Radio, Fernsehen, Print- und Online-Medien. Parallel zum Beruf studiert er seit 2004 in Wuppertal und Bochum Evangelische Theologie, um irgendwann einmal Journalist und Pfarrer zu sein. Für evangelisch.de schreibt er in seiner Kolumne "Maschinenraum" jede Woche über Technik, was wir mit ihr machen - und was sie mit uns macht.