"Ohne Ehrenamt verkümmert unsere Gesellschaft"
Die evangelische Kirche wirbt für eine Stärkung des Ehrenamts. "Ohne ehrenamtliches Engagement verkümmert unsere Gesellschaft", heißt es in einer Kundgebung, die die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei ihrer Herbsttagung in Ulm verabschieden will.

Klaus Eberl, Vizepräses der Synode, lobte am Montag bei der Synodentagung den Koalitionsvertrag zwischen Union und FDP, der dem Ehrenamt eine bedeutende Rolle beimesse. Unter anderem sieht der Vertrag eine Nationale Engagementstrategie vor, die Koalitionäre wollen die Freiwilligendienste einheitlich regeln und streben ein Gesetz zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements an.

Eberl warnte vor den Auswirkungen sozialen Abstiegs auf ehrenamtliches Engagement. "Arbeitslosigkeit und Armut sind Gift für das Ehrenamt", sagte der rheinländische Oberkirchenrat bei der Vorlage des Kundgebungsentwurfs im Kirchenparlament. In dem Entwurf plädiert die Kirche für spezielle Bildungsangebote sowie die Zahlung von Aufwandsentschädigungen, um zum Beispiel Geringverdienern, Arbeitslosen und Migranten den Weg zum Ehrenamt zu ebnen.

In dem Papier unter dem Titel "Ehrenamt Evangelisch. Engagiert." wird auch vor den Folgen zunehmender Konkurrenz um ehrenamtliche Helfer gewarnt. Der Wettbewerb zwischen Organisationen um Freiwillige sollte von einer "grundlegenden Haltung zur Kooperation" getragen sein.

In dem Kundgebungsentwurf wird zudem eine professionelle Begleitung der Ehrenamtlichen gefordert. Motivation und Interessen Ehrenamtlicher, die ihren Dienst heute vielfach zur Weiterbildung und Persönlichkeitsentwicklung nutzten, müssten wahrgenommen und wertgeschätzt werden. Einsatzfelder der Freiwilligen sollten klar abgegrenzt werden. In den Kirchengemeinden sollten die Pfarrer die ehrenamtlich Engagierten nicht nur theologisch und spirituell begleiten, sondern sie auch aktiv bei der Ausübung des Amtes unterstützen.

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Reinhard Höppner, ehemaliger Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, sagte, das Ehrenamt dürfe nicht allein als Dienstleistung begriffen werden, um den "Betrieb der Kirche" aufrecht zu erhalten. "Für andere da zu sein, gehört zum Auftrag der Kirche", betonte der Präsident des evangelischen Kirchentages 2007 in Köln. Der Theologe Philipp Stoellger, Professor an der Universität Rostock, sagte: "Engagement hat sein Gravitationszentrum im Anderen, in den Anderen." Es dürfe nicht der Nutzen für den Freiwilligen im Mittelpunkt stehen.

Beate Hofmann, Professorin für kirchliche Bildungsarbeit und Gemeindepädagogik an der Evangelischen Fachhochschule in Nürnberg, empfahl, ehrenamtliche Arbeit dazu zu nutzen, sich kirchenfernen Menschen zu nähern. Es gebe viele Menschen, die sich in der Kirche engagieren würden, wenn ihnen die Möglichkeit dazu gegeben würde.

Das Kirchenparlament hatte seine Herbsttagung am Sonntag eröffnet. Nach dem Schwerpunktthema "Ehrenamtliches Engagement in Kirche und Gesellschaft" am Montag stehen für Dienstag und Mittwoch Wahlen zur neuen Führung der EKD auf der Tagesordnung. Mit Spannung wird erwartet, wer dem 67-jährigen Bischof Wolfgang Huber nachfolgt, der nach sechs Jahren als Ratsvorsitzender aus dem Amt scheidet.

epd