Susanne M. sitzt schon seit zwei Stunden vor dem PC und klickt und klickt. Bei ihrem letzten Besuch bei ihrer Mutter war ihr aufgefallen, wie sehr diese in den letzten Monaten abgebaut hatte. Und nun wollte sie sich über Pflege informieren, für den Fall der Fälle. Zahllose Websites mit Fotos freundlich lächelnden Senioren versprechen ihr "Heimplatzsuche komfortabel", "unabhängig, kompetent, kostenlos", "umfassende Datenbank", "finden Sie das beste Seniorenheim". Die Idee liegt auf der Hand: Hotels sucht man im Internet, warum nicht auch Pflegeangebote? Aber sie merkt: So einfach ist das nicht. Was gibt es überhaupt im Internet? Und wo sollte sie andere Quellen anzapfen?
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Das Telefon klingelt, Susanne M.'s Freundin ist dran. Als sie hört, womit Susanne gerade beschäftigt ist, fragt sie als erstes: "Wie geht es dir denn damit?" Oh – die Angesprochene überlegt einen Moment. Dann antwortet sie ehrlich: "Ich bin unsicher. Ich habe Angst, wie das werden soll. Ich bin traurig, dass Pflege nötig werden könnte." Sie spürt, wie gut ihr diese Frage tut. Diese Suche ist eine schwere Aufgabe, kein Zweifel. Die Freundin ermuntert sie, wie wichtig es ist, dass sie sich in dem Bereich schlau macht. Schließlich wolle sie die Probleme nicht einfach passiv auf sich zukommen lassen, das sei auch sonst nicht ihre Art, und damit habe sie schone gute Erfahrungen gemacht. Ja, und Susanne M. erinnert sich, dass sie außer undeutlichen Erinnerungen an ihre Oma vor 30 Jahren und die üblichen Pflegebilder in der Tagesschau keine Erfahrungen mit dem Thema hat. Also kein Wunder, dass sie sich unsicherer fühlt als beim Organisieren ihres Urlaubs im Internet. Nach dieser Erkenntnis hat sie bei der Suche mehr Geduld mit sich selbst.
Ein Jahr später. Susanne M. hat inzwischen viel dazu gelernt. Ihre Mutter ist für erste gut versorgt, die Freundin hat ihr zum 50. ein "Pflegende-Tochter-Diplom" gebastelt. Welche Tipps hat Susanne M. jetzt parat? Eine ausführliche Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Finden eines geeigneten Pflegeplatzes.
Die Vorbereitung
"Pflege zu organisieren, hat viel mit Papierkram zu tun. Mit Ordnung schaffe ich mir Sicherheit. Wenn ich gewohnt bin, damit zu arbeiten, lege ich als erstes einen Lesezeichen-Ordner (manchmal heißt es auch Favoriten) "Pflege" an. Hier speichere ich, was ich später einmal brauche: die Websites der Krankenkasse, der Ärzten, der am häufigsten besuchten Apotheke, der in der letzten Zeit konsultierten Krankenhäuser, der Kirchengemeinde oder anderen sozialen Netzwerken, der Hausverwaltung... Und ich drucke die wichtigen Seiten mit Ansprechpartner, Öffnungszeiten etc. aus. So habe ich meine Helfer im Bedarfsfall zur Stelle und kann Fragen auch per E-Mail loswerden. Dazu gehört seit neustem eine Dienstleistung, auf die man seit dem 1. Januar 2009 Anspruch hat, nämlich die Pflegeberatung der Kranken- bzw. Pflegekasse.
Dafür sollen Pflegestützpunkte eingerichtet werden, die es aber erst an einigen Modelstandorten gibt. Also lohnt es sich, bei der Kasse danach zu fragen. Auf jeden Fall bestelle ich alles, was die Pflegekasse an Infos anbietet. Und ich besorge mir einen hübschen Ordner sowie Prospekthüllen und Registerblätter zum Sammeln der Papiere. Denn ich brauche die Informationen auch unterwegs, bei Terminen, im Krankenhaus, oder am Kaffeetisch in der Familie, wenn darüber gesprochen wird."
Einlesen in das Thema Pflege
"Was ist das überhaupt, Pflege? Ich habe erst gedacht: Man macht das für jemand anderen, was dieser sonst für sich selbst gemacht hätte. Das kann jeder. In Wirklichkeit ist es komplizierter, das komplizierte Wechselspiel zwischen Bedürfnissen und ihrer Erfüllung kann man nicht leicht von außen managen. Selbst bei Gesunden kann es aus dem Tritt geraten, zum Beispiel bei der Frage: Wer trinkt wirklich immer genug? Die professionelle Pflege, wie sie in der Ausbildung gelehrt und in den Fort- und Weiterbildungen aktualisiert wird, hat viel entwickelt, was den Laien staunen lässt. Bei Jobs in der Gastronomie musste ich auch manches neu lernen, von dem ich vorher dachte: Das kann ich doch. Darum gibt es auch viel zum Nachlesen.
Eine Quelle im Internet sind die Artikel zur Altenpflege im Pflege-Wiki (auf www.pflegewiki.de). Hier schreiben Profis, die sich um die Balance zwischen leichter Verständlichkeit und fachlicher Korrektheit bemüht haben. Ich kann von einem Begriff zum anderen springen, ohne durch Werbung belästigt zu werden.
Weiter gibt es diverse Ratgeber für Angehörige. Kostenlose Broschüren sowohl zum Download als auch zum Bestellen finde ich beim Gesundheitsministerium (auf www.bmg.bund.de).
Websites wie der Pflege-Kompass (www.pflege-kompass.de) versprechen nützliche Informationen. Wer gern in Foren liest, findet zum Beispiel das Elternpflege-Forum (auf www.elternpflege-forum.de). Auch Einzelthemen, wie die beunruhigende Frage, woran man eine mögliche Alzheimerkrankheit erkennt, werden schnell beantwortet, zum Beispiel auf Patientenleitlinien.de (auf www.patientenleitlinien.de). Speziell der Finanzierung eines Pflegeheimplatzes widmet sich das Faltblatt "Wo bleibt das Geld?" (auf www.pflege-und-diakonie.de), am Beispiel Hamburg. Da es für viele um eine der größten Ausgaben ihres Lebens geht, verschafft eine sorgfältige Information über die Bestandteile des Preises die innere Klarheit, gut auszuwählen. Vielleicht gibt es künftig Pflegerechner, in die man alle Komponenten eingeben kann wie bei der Suche nach dem geeigneten Stromanbieter?"
Adressen von Pflegeeinrichtungen
"Wer bietet Pflegeleistungen an? Grob unterscheidet man zwischen den gemeinnützigen Anbietern und den Privat-Gewerblichen. Gemeinnützig sind die Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände: des Deutschen Roten Kreuzes, der Arbeiterwohlfahrt, der evangelischen Diakonie, der katholischen Caritas, einige wenige des jüdischen Wohlfahrtsverbands sowie Einrichtungen im Paritätischen, einem Sammelverband für alle anderen. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen liegt äußerlich gesehen darin, dass die Gewerblichen keinen gesetzlichen Grenzen unterliegen, mit der Hilfe Geld verdienen zu dürfen, während die Gemeinnützigen alle Überschüsse in die Arbeit zurück investieren müssen.
In den Angeboten unterscheidet man zwischen ambulant, teilstationär und stationär. Bekannt sind vor allem das Heim und die ambulante Pflege. Doch heute ist das Angebot bunter. Die ambulante Pflege kann auch in einer Seniorenwohnung oder einer Wohngemeinschaft geleistet werden. Wer nicht in einem Heim wohnt, kann den Tag in einer Tagespflegestätte, also mit teilstationärer Pflege, verbringen.
Aber was es wo gibt, ist sehr unterschiedlich. Da empfiehlt sich, eine Beratung zu konsultieren. Es gibt zahlreiche Portale im Internet, die eine komfortable Suche versprechen. Noch funktionieren sie letztlich darüber, dass die Einrichtungen sich selbst eintragen müssen. Meist enthalten sie nur Adressen und keine systematisch aufbereiteten Details. Ob Portale mir mehr bringen als wenn ich direkt das Suchwort Pflegedienst, Tagespflege, Kurzzeitpflege oder Pflegeheim und die Vorwahl des gewünschten Ortes oder die Postleitzahl in die Suchmaschine eingeben, muss ich selbst ausprobieren. Die Ersatzkassen bieten eine Umkreissuche für ambulante und stationäre Pflege an (auf www.pflegelotse.de). Bei der AOK kann ich ebenfalls nach Pflegediensten (auf www.aok-pflegedienstnavigator.de) oder Pflegeheimen (auf www.aok-pflegeheimnavigator.de) suchen.
Viele Städte und Kreise veröffentlichen auch Broschüren oder zumindest Adresslisten, welche die eigene Suche im Internet ersetzen oder sinnvoll ergänzen, weil ich danach direkt die Websites der geeigneten Einrichtungen ansurfen kann. Außerhalb der städtischen Zentren ist die Auswahl sowieso begrenzt.
Leichter ist es, wenn ich einen Anbieterverband bevorzuge. Wenn ich zum Beispiel der Diakonie vertraue, zu der bundesweit 3.220 Einrichtungen der Altenhilfe gehören, davon 2.415 Heime mit fast 160.000 Plätzen, dann grenze ich meine Suche mit den zusätzlichen Suchworten "Diakonie" oder "evangelisch" ein. Oder ich greife auf die meist aufbereiteten Listen der Diakonischen Werke zurück, die ich auf evangelisch.de finden kann."
Die Auswahl
"Jetzt habe ich Adressen, aber wonach wähle ich aus? Bei der Lage sollte ich auch daran denken, ob die wichtigsten Bezugspersonen der betroffenen Person gut und gern dort hingelangen. Im vertrauten Wohnviertel zu bleiben lohnt sich dann, wenn zum Beispiel meine Mutter noch dort eingebunden ist, Besuch von Nachbarn und alten Bekannten bekommt. Wenn ich realistisch feststelle, dass das leider nicht mehr der Fall ist, dann suche ich lieber etwas an meiner Joggingstrecke. Dann komme ich häufig zu Besuch. Und ab und zu machen wir eine gemeinsame Erinnerungsfahrt in die alte Wohngegend.
Aber wo wird gut gepflegt? Der Wunsch, im Internet gleich auf einen Blick die Qualität der Pflege zu erkennen, führte zu dem Projekt der Benotung aller Pflegeeinrichtungen (auf www.pflegenoten.de) mit Schulnoten auf Grundlage von Prüfungen des medizinischen Dienstes. Bis Ende 2010 soll es abgeschlossen sein. Die ersten veröffentlichten Ergebnisse sind nicht vor November 2009 zu erwarten. Parallel kündigte das Bundesverbraucherministerium ein Verzeichnis verbraucherfreundliche Heime (auf www.heimverzeichnis.de) an. Dazu werden die Heime mit ehrenamtlichen Beratern ein weiteres Mal geprüft. Dies ist aber noch mehr als lückenhaft."
Besuchen und Gespräch
"Auf jeden Fall sehe ich mir die möglichen Einrichtungen selbst an. Dafür gibt es verschiedene Ratgeber und Checklisten, zum Beispiel diese hier (auf www.pflege-und-diakonie.de). Ich profitiere dabei schon jetzt von dem großen Pflege-Benotungs-Projekt, wenn ich mir die Fragen ansehe. Sie verschaffen mir einen wertvollen Einblick, woran die Qualität von Pflegediensten und Pflegeheimen festgemacht wird (auf www.pflegenoten.de)."
Susanne M.'s Fazit: "Gut, dass ich früh mit der Recherche angefangen habe. Erst als ich selbst Bescheid wusste, konnte ich so mit meiner Mutter darüber sprechen, dass es für sie hilfreich und nicht beängstigend war. Und je länger ich meine Mutter begleite, um so mehr lerne ich dazu."
Erfahrungen aus dem Pflege-Alltag gibt es übrigens auch im Pflege-Blog auf evangelisch.de zu lesen: "Pflege einmal anders".
Alle angegebenen Webseiten noch einmal im Überblick:
www.bmg.bund.de (Gesundheitsministerium, oben den Reiter "Pflege" anklicken)
www.aok-pflegedienstnavigator.de
www.aok-pflegeheimnavigator.de
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Katharina Weyandt ist freie Journalistin und schreibt für evangelisch.de Texte unter dem Motto "Wenn die Eltern älter werden" über Pflege und andere Belange von Senioren und Seniorinnen.