Merkels Ministerriege mischt Altbewährte und Neueinsteiger
Das künftige Bundeskabinett von Kanzlerin Angela Merkel ist komplett. Unter den neuen Ministern befinden sich nach der offiziell noch nicht bestätigten Kabinettsliste mehrere Neulinge und Überraschungen. Die CDU erhält einschließlich von Bundeskanzlerin Merkel acht Posten, wie am Freitag kurz vor dem Ende der dreiwöchigen Koalitionsverhandlungen bekanntwurde. Die FDP soll fünf Ressorts erhalten, wobei Parteichef Guido Westerwelle neuer Außenminister und Vize-Kanzler wird. Die CSU kommt auf drei Posten.
23.10.2009
Von Ulrich Scharlack

Union und FDP haben sich zum Abschluss ihrer Koalitionsverhandlungen auf ein Kabinett voller personeller Überraschungen geeinigt. So wird der bisherige Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) das durch die Haushaltskrise noch wichtiger gewordene Finanzressort übernehmen. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) soll nach den übereinstimmenden Informationen aus den drei Parteien vom Freitag neuer Verteidigungsminister werden. Das Ressort könnte wegen des Afghanistan-Einsatzes noch stärker ins Blickfeld geraten.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), FDP-Chef Guido Westerwelle und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer wollen am Samstag vormittag die Ergebnisse der dreiwöchigen Gespräche in einer Pressekonferenz präsentieren. Dazu gehört auch die Ankündigung einer grundlegenden Gesundheitsreform, die am Freitag schon offiziell besiegelt war. Dabei soll ein größerer Steuerzuschuss ab 2011 zu mehr Gerechtigkeit führen. Kinder und Familien sollen ferner entlastet werden. Insgesamt zeichneten sich kurz vor Verhandlungsende Steuersenkungen für Bürger und Unternehmen von 25 Milliarden Euro ab.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) soll der Koalitionsvertrag am kommenden Montagabend unterzeichnet werden. Die Wiederwahl von Merkel ist am Mittwoch geplant, ebenso wie die Vereidigung des neuen Kabinetts. Und dies sind die wichtigsten Ergebnisse, die am Freitag abend bekannt waren.

Belastung bei Gesundheit, Entlastung bei Steuern

 

Personalien: Acht Kabinetts-Posten - inklusive Kanzlerin - bekommt nach den Vereinbarungen die CDU, fünf die FDP, drei die CSU. Neben den neuen Ressorts für Schäuble und Guttenberg kommt auch die neue Aufgabe für den heutigen Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) unerwartet: Er wird für Arbeit und Soziales zuständig. Ex-CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla wird Kanzleramtsminister. Thomas de Maizière übernimmt das Innenressort. Der bisherige Parlamentarische Geschäftsführer Norbert Röttgen rückt an die Spitze des Umweltministeriums und soll die Defizite der Union auf diesem Feld beheben. Ursula von der Leyen (Familie) und Annette Schavan (Bildung) bleiben in ihren Ressorts.

Die FDP wird neben dem Außenminister und Vize-Kanzler Westerwelle mit dem erfahrenen Rainer Brüderle den neuen Wirtschaftsminister stellen. Unerwartet kam bei den Liberalen die Benennung von Niedersachsens Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) zum neuen Gesundheitsminister. Rösler gilt als eines der größten politischen Talente der FDP. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wird wie in den Jahren 1993 bis 1996 Justizministerin. Der bisherige Generalsekretär Dirk Niebel soll sich künftig um die Entwicklungspolitik kümmern.

Die CSU erhält neben dem Verteidigungsministerium für Guttenberg noch das Landwirtschaftsministerium, dass die aktuelle Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner weiter führen wird. Als Dritter im bayrischen Bunde übernimmt CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer das Ressort Verkehr, Bau, Wohnen.

Gesundheit: Den Gesundheitsfonds will die künftige Regierung radikal umbauen. Die gesetzlichen Krankenkassen sollen längerfristig wieder einen Teil der Beiträge selbst erheben. Das künftige Ausgleichssystem, das wahrscheinlich 2011 umgesetzt wird, werde so gerechter, sagte von der Leyen. Die Kassen werden danach einen einkommensunabhängigen Beitrag erheben können. Für Geringverdiener ist ein Solidarausgleich über Steuermittel geplant. Der Arbeitgeberbeitrag soll zur Entlastung der Wirtschaft gedeckelt werden. Die Details wird eine Regierungskommission festlegen.

Im kommenden Jahr müssen sich damit viele der 50 Millionen Kassenmitglieder auf Zusatzbeiträge einstellen. Krisenbedingte Einnahmeausfälle sollen zwar aus Steuermitteln beglichen werden. Rund drei Milliarden Euro müssen die Versicherten demnach aber selbst aufbringen. Der Zusatzbeitrag bleibt auf maximal ein Prozent beschränkt.

Steuern: Ein Schwerpunkt der Entlastungen wird nach dem Verhandlungsstand vom frühen Freitagabend die Entlastung der Familien mit Kindern sein. Sicher schien die Anhebung des Kinderfreibetrags in einem ersten Schritt auf 7008 Euro und später auf 8004 Euro zu sein. Das Kindergeld könnte zunächst auf 180 oder 185 Euro steigen und in einem zweiten Schritt auf 200 Euro. Die Spitzen der künftigen schwarz-gelben Koalition wollten bis spätestens Samstagmorgen eine Einigung über das Steuerpaket und das endgültige Entlastungsvolumen erreichen.

Die Regierung in der Übersicht:

  • Bundeskanzlerin: Angela Merkel (CDU)
  • Kanzleramtsminister: Ronald Pofalla (CDU)
  • Auswärtiges Amt: Guido Westerwelle (FDP, Vize-Kanzler)
  • Verteidigungsminister: Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU)
  • Innenminister: Thomas de Maizière (CDU)
  • Finanzen: Wolfgang Schäuble (CDU)
  • Wirtschaft: Rainer Brüderle (FDP)
  • Gesundheit: Philipp Rösler (FDP)
  • Arbeit und Soziales: Franz Josef Jung (CDU)
  • Familie: Ursula von der Leyen (CDU)
  • Umwelt: Norbert Röttgen (CDU)
  • Justiz: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
  • Agrar: Ilse Aigner (CSU)
  • Verkehr, Bau, Wohnen: Peter Ramsauer (CSU)
  • Bildung: Annette Schavan (CDU)
  • Entwicklungshilfe: Dirk Niebel (FDP)
dpa