Der Bischof und die Brötchen des Protestantismus
EKD-Ratsvorsitzender Bischof Wolfgang Huber scheidet in der kommenden Woche aus dem Amt. Die Serie medialer Würdigungen zu seinem Abschied hat begonnen. Eine erste Presseschau.
22.10.2009
Von Bernd Buchner

Gegen Würdigungen ist kein Kraut gewachsen. Manch scheidender Bundesminister mag sich das denken, wenn er in diesen Tagen in die Zeitungen blickt. Auch über Bischof Wolfgang Huber (67), der Ende Oktober sein Amt als Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) abgibt, bricht nun ein Reigen von Nachgesängen herein. Wo liegen Hubers Verdienste und Grenzen, wo steht die Kirche im Ursprungsland der Reformation am Ende seiner sechsjährigen Amtszeit?

Den Anfang hatte bereits vor einigen Wochen die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS) gemacht und eine erste Bilanz der Huber-Jahre gezogen. Der an sich ausgewogene und sachliche Artikel Reinhard Bingeners stand allerdings unter der höchst unglücklichen Überschrift "Der Reichsbischof" – was Böswillige sofort an die Rolle des deutschen Protestantismus in der NS-Zeit denken ließ. Kopfschütteln, Unverständnis und ein empörter Leserbrief von EKD-Kirchenamtschef Hermann Barth waren die Folge.

Leicht verhagelt

Im Gegensatz zu diesem leicht verhagelten Auftakt zur medialen Abschiedsrunde dürfte sich Huber über das Urteil Robert Leichts freuen: Einen solchen Ratschef werde die EKD so schnell nicht wieder bekommen, schreibt der evangelische Publizist in der jüngsten Ausgabe der "Zeit" – und kanzelt gleichzeitig die Riege der potenziellen Nachfolger ab: Niemand werde es so schnell mit Hubers Intelligenz, Fleiß und Medienpräsenz aufnehmen können. "Der Protestantismus", schlussfolgert Leicht, "wird künftig erst einmal kleinere Brötchen backen müssen."

Getreu dem Berliner Motto, ob es nicht auch eine Nummer kleiner geht, wartet der in der Hauptstadt erscheinende "Tagesspiegel" ebenfalls am Donnerstag mit einem überwiegend behutsamen Porträt des künftigen Ruheständlers auf. Claudia Keller beschreibt Huber als entschlossenen Macher, "der sich mit Kanzler und Papst anlegt, weil er sich nicht abfinden will mit der Welt, wie sie ist". Der EKD-Ratschef habe Grenzen in und außerhalb der Kirche überschritten, bei seinem Reformwerk den evangelischen "Hausfrieden" gebrochen. "Huber nervte auch", so das saloppe Fazit.

Reformprozess und Ökumene

Bei allen Nuancierungen herrscht unter den Beobachtern Einigkeit darüber, dass der ehrgeizige und dynamische Ratsvorsitzende seiner Kirche einen prägenden Stempel aufgedrückt hat. Die sechs Jahre waren eine Ära, keine Episode. Leicht nennt als wichtigstes Thema von dessen Amtszeit neben dem Reformprozess die evangelisch-katholischen Beziehungen – Huber steht nicht nur für die "Ökumene der Profile", sondern auch für die Forderung nach gegenseitigem Respekt. Respektvoll dürften auch die noch folgenden Würdigungen seiner Amtszeit ausfallen.


Bernd Buchner ist Redakteur bei evangelisch.de.