Aus dem Maschinenraum (5): das neue Windows7 ist da
In seiner Kolumne "Aus dem Maschinenraum" hat sich unser Autor MIchael Stein ganz aktuell das neue Betriebssystem Windows 7 von Microsoft vorgenommen, das seit heute im Handel ist. Und sein Urteil fällt gar nicht mal so schlecht aus: Endlich mal wieder ein System von Microsoft, mit dem Anwender zufrieden sein können.
22.10.2009
Von Michael Stein

Wie war die Party? Haben Sie auch kräftig Microsoft-Fähnchen geschwenkt, Windows-7-Poster aufgehängt, gemeinsam das Windows-7-Puzzle gelegt und nach dem Essen die tollen Windows-7-Servietten benutzt? Was denn – bei Ihnen hat gar keine der Windows-7-Launch-Partys stattgefunden, die Microsoft mit einem von Firmenboss Steve Ballmer signierten Windows-7-Paket inklusive Fanpaket unterstützt hat?

Es ist kein Witz – ein solches Paket konnte man tatsächlich von Microsoft bekommen. Die abgefahrenen Betriebssystem-Tupperpartys gehörten zu den ausgefuchsten Marketing-Maßnahmen, die sich die weltgrößte Software-Firma zum Marktstart der neuen Windows-Version hat einfallen lassen. Man kann zu Gunsten von Microsoft eigentlich nur hoffen, dass es sich bei der Idee und dem dazu gehörenden Schulungsvideo um eine gut gemachte, selbstironische Parodie gehandelt hat.

Schnell, chic und stabil

Wie auch immer: Seit heute ist Windows 7 nun also weltweit am Start. Neue PCs werden in aller Regel gleich mit dem neuen System ausgeliefert, und als Benutzer einer Vorversion kann man ein Upgrade-Paket erwerben. Eigentlich gehört es ja mittlerweile zum guten Ton, über Microsoft-Software zu meckern, aber: Windows 7 scheint nun endlich wieder ein PC-Betriebssystem zu sein, mit dem man als Anwender zufrieden sein kann. Windows 7 macht einen stabilen Eindruck, es ist – auch auf einem älteren PC – schnell, chic und kommt mit vielen kleinen Detailverbesserungen, die den PC aber insgesamt deutlich einfacher beherrschbar machen.

Es war ja auch höchste Zeit: Während die Windows-Version XP nach dem dritten größeren Update ("Service Pack 3") ganz ordentlich funktionierte, war der XP-Nachfolger "Vista" von Anfang an ein Sorgenkind. Windows Vista war sperrig, langsam und mit seinen zahllosen Sicherheitsabfragen eine echte Nervensäge. Kein Wunder also, dass sich viele PC-Besitzer dazu entschlossen, eine Windows-Version zu überspringen und bei XP zu bleiben. Windows 7 dagegen wirkt wie eine Frischzellenkur für den Windows-PC. Wer seinen PC bereits mit Vista betreibt, der kann sofort loslegen mit der Installation von Windows 7. Besitzer eines Windows-XP-PCs müssen erstmal ordentlich arbeiten. Während man nämlich Windows 7 einfach "über" eine gleichwertige Version von Windows Vista installieren kann, muss ein mit Windows XP funktionierender Rechner immer komplett neu "aufgesetzt" werden. Das heißt: Die Platte wird geputzt, alle Programme, Einstellungen und Daten gehen dabei verloren.

Also muss vor dem Start einer Windows-7-Installation auf einem Windows-XP-Rechner zunächst ein Backup aller Daten gemacht werden. Im Klartext: Alle Texte, Fotos, Musiktitel, Präsentationen, Tabellen und ähnliche Erzeugnisse müssen auf ein Backup-Medium ausgelagert werden. Sie haben noch gar kein Backup-Medium? Dann ist das die Gelegenheit, eines anzuschaffen. Die beste und einfachste Lösung ist eine externe Festplatte, die per USB mit dem Rechner verbunden wird und alle zu rettenden Daten aufnimmt. Anschließend – aber bitte erst dann - kann man mit der Windows-7-Installation beginnen.

Zwangsumtausch?

Muss man eigentlich überhaupt zu Windows 7 wechseln? Man muss nicht. Ein Grund zur Eile besteht nämlich nicht. Microsoft wird für Windows XP noch bis mindestens 2014 regelmäßig Sicherheitsupdates liefern. Wer also heute einen mehr oder weniger gut funktionierenden PC mit Windows XP und allen nötigen Programmen besitzt, der muss gar nichts tun. Im Gegenteil. Getreu dem Motto "Never touch a running system" (verändere nie etwas an einem System, wenn es doch gut läuft) besteht ein Grund zum Handeln erst in dem Moment, in dem man ein Programm installieren oder ein Zusatzgerät anschließen will, das bedingungslos nach Windows 7 verlangt.

Bis ein solcher Fall eintritt, wird es sicher noch einige Monate dauern. So kann und sollte man sich derzeit wohl eher entspannt zurück lehnen und beobachten, welche Erfahrungen all diejenigen mit dem neuen System machen, die immer das Neuste sofort ausprobieren müssen. Wer sich demnächst aber einen neuen PC anschaffen muss, der kann ohne Bedenken einen Rechner mit Windows 7 kaufen.

Freie Auswahl

A propos "kaufen": Was sich nicht geändert hat, ist die wieder einmal völlig unübersichtliche Produktpolitik von Microsoft. Insgesamt gibt es fünf (!) Versionen von Windows 7, von denen allerdings nur drei in den freien Handel kommen: Es sind dies "Home Premium", "Professional" und "Ultimate". Je nachdem, ob man nun ein "Vollprodukt" braucht oder ein "Upgrade" von XP bzw. Vista erwirbt, gelten unterschiedliche Preise. Haben Sie mitgerechnet? Sechs verschiedene Preise sind es – und somit kostet Windows 7 offiziell zwischen 119 und 319 Euro.

Dazu kommen noch einmal spezielle Versionen für Studenten, die bis Ende Februar für 35 Euro auf die neue Version umsteigen können. Nicht zu vergessen das "Familiy Pack" für 150 Euro, bei dem man Windows 7 "Home Premium" auf insgesamt drei PCs im Haushalt installieren darf. Darum also, liebe Microsofties: Nicht wundern, wenn die Verkaufszahlen des neuen Systems am Anfang nicht sofort durch die Decke gehen: Wir brauchen ein wenig Zeit, um herauszufinden, welches Paket wir denn nun eigentlich genau kaufen sollen.


Über den Autor:

Michael Stein (Konfirmation 1976) arbeitet seit 1986 als Wissenschaftsjournalist mit Schwerpunkt Technik für Radio, Fernsehen, Print- und Online-Medien. Parallel zum Beruf studiert er seit 2004 in Wuppertal und Bochum Evangelische Theologie, um irgendwann einmal Journalist und Pfarrer zu sein. Für evangelisch.de schreibt er in seiner Kolumne "Maschinenraum" jede Woche über Technik, was wir mit ihr machen -und was sie mit uns macht.