Gutes Geschäft: Lebensmittel in "halal"-Version
Gummibärchen oder Fruchtgummis - garantiert ohne Schweinegelatine. Sogenannte "halal"-Lebensmittel dürfen auch Kinder muslimischen Glaubens naschen. Die großen Lebensmittelkonzerne haben schon längst die Muslime als Klientel entdeckt.
21.10.2009
Von Maren Martell

Das Geschäft mit "halal"-Produkten wird immer lukrativer, nicht nur weltweit, auch in Europa und Deutschland. Der arabische Begriff "halal" oder "helal" auf Türkisch bedeutet das "Zulässige, das Erlaubte" und bezieht sich auf die ganze Lebensweise der Muslime und damit auch auf die Ernährung.

Für die Beachtung der strengen "halal"-Normen wird Belohnung von Allah sowohl im Jenseits als im Diesseits erwartet. Das Gegenteil von "halal" ist "haram", was für das "Unzulässige und Verbotene" steht. Grundsätzlich sind alle aus Pflanzen gewonnenen Lebensmittel "halal", ausgenommen berauschende und toxische Produkte, heißt es bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Besonders problematisch ist das Schwein als Allesfresser. Auf dem Index stehen damit auch alle Lebensmittel und Zutaten, die Schweinefleischbestandteile beinhalten wie zum Beispiel Gelatine.

Wachsendes Interesse

In Deutschland gibt es nach Angaben der europäischen Prüf- und Zertifizierungsstelle Halalcontrol in Rüsselsheim schon rund 400 Firmen, die halal-Produkte anbieten. "Die Tendenz ist steigend. Der Markt wächst jedes Jahr um etwa 16 Prozent. Derzeit wird er auf zwischen 4 bis 5 Milliarden Euro geschätzt", betont Mahmoud Tatari, der Halalcontrol 2001 mitgründete. Er spricht sogar von einem regelrechten Boom. Bei den Unternehmen wachse das Interesse, auch Produkte speziell für Verbraucher islamischen Glaubens anzubieten. Allein in Deutschland gibt es etwa 3,5 Millionen Muslime, in Westeuropa sind es rund 20 Millionen.

Halalcontrol zertifiziert nach eigenen Angaben bereits Waren von Nestlé, Haribo, Langnese, Elbmilch, Pfanni, Grünland oder Ehrmann. Den "halal"-Stempel tragen aber auch Produkte von Bayer, BASF oder Merck. "Den Hauptanteil machen mit 90 Prozent Lebensmittel aus", betont Tatari. Europaweit seien bereits mehr als 4.000 halal-Produkte auf dem Markt. Auch der Einzelhandel entdeckt dieses Thema. So gebe es schon Anfragen von Deutschlands führendem Discounter Aldi.

Besseres Geschäft als mit Bio

Experten schätzen, dass der Lebensmittelriese Nestlé mit "halal"-Waren bereits mehr verdient als mit Bioprodukten. Der Schweizer Konzern selbst gibt an, allein im vergangenen Jahr damit gut 5 Prozent des Jahresumsatzes zu erwirtschaftet zu haben. Die "halal"-Produktion sei bereits in den 1980er Jahren gestartet worden. Den Zusatz "halal" haben mittlerweile auch Getränke, Milchprodukte und Schokolade, insgesamt rund 300 Waren. "Von 456 Nestlé-Fabriken weltweit haben rund 75 einen "halal"-Zertifizierung mit mehr als 100 eigenen Produktionslinien", betont Sprecherin Nina Backes.

Die größten "halal"-Märkte seien Malaysia, Indonesien und der Mittlere Osten. In Europa seien es Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Laut Nestlé wird die muslimische Bevölkerung im Jahr 2025 gut 30 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen. Weltweit werde der Umsatz mit islamisch unbedenklichen Lebensmitteln von Experten auf bis zu 2 Billionen US-Dollar beziffert.

Banken und Telefonkarten mit "halal"-Zertifikat

"halal"-Gummibärchen von Haribo gibt es seit 2001. Sie werden nach Unternehmensangaben in der Türkei produziert und auch in Deutschland verkauft. "In Deutschland wuchsen die Muslime zwar alle mit Haribo-Produkten auf, durften sie aber lange nicht essen, weil sie Schweinegelatine enthielten", berichtet Engin Ergün, dessen Vertriebsgesellschaft Equ unter anderem die "halal"-Gummibärchen von Haribo verkauft.

Die "halal"-Produkte von Equ werden an rund 3.000 türkische Supermärkte in Deutschland verkauft. Dazu zählen neben den Süßigkeiten von Haribo auch Produkte von Nestlé und Maggi. "Mit Haribo hat das Thema in Deutschland einen richtigen Hype bekommen", betont Ergün. Es gebe aber mittlerweile auch Bankangebote und sogar Telefonkarten mit "halal"-Zertifizierung. "Alles was fair, korrekt und gut für den Menschen ist", betont Experte Tatari.

dpa