Das Buch das nie geschrieben wurde
An dem Buch, das nie geschrieben wurde, scheiden sich die Geister: Die einen halten es für einen Geniestreich, die anderen für absoluten Unsinn. Bei der Beurteilung dieses Buches gibt es scheinbar nur die Extreme und keine Mitte. Aber dieses Buch hat auch keine Mitte verdient. Das macht es vielleicht zu einem der spektakulärsten Werke der Frankfurter Buchmesse 2009. Uwe Knietsch hat es nie geschrieben, aber trotzdem herausgebracht.
18.10.2009
Von Andreas Reinwart

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Die Diskussion beginnt bereits mit der Frage, ob es überhaupt ein Buch ist. Physisch gesehen, ist es das. Es hat Seiten aus Papier, Seitenzahlen und einen festen Einband, ein lesenswertes Vorwort und einen Biographieteil über den Autor. Es wurde nach den Regeln der modernen Buchdruckkunst angefertigt und vervielfältigt, hat eine ISBN-Nummer – und man kann es für € 9,80 in jedem Buchladen bestellen und kaufen.

Über die Bezeichnung "Buch" oder besser über den Begriff der "Literatur" streiten die Experten nun auch schon seit Jahrhunderten. Einigkeit besteht in der Tatsache, dass die Definition von Literatur genauso dynamisch ist, wie die Literatur selbst. Erweitert man das Feld noch etwas, landet man bei der "Literaturkunst". Denn Literatur ist unumstritten Kunst und dazu gehört dieses Buch in jedem Fall.

Nur eine Provokation?

Es ist ein Statement, eine Botschaft, eine Provokation. Doch eines ist es sicher nicht: Eine Verspottung bestehender Literatur. Mancher erzkonservative Literat mag in diesem Buch ausschließlich Hohn sehen und denselben nur dafür übrig haben, doch wer auch nur eine Minute mit dem Autor spricht, der vielleicht kein Autor ist, weil er "Das Buch, das nie geschrieben wurde", eben nicht geschrieben hat, der spürt sofort den philosophischen Grundgedanken eines Gesamtkunstwerkes.

Das Strafrecht spricht von der "Absicht des Täters". Uwe Knietsch blieb straffrei, als er das Buch bereits 1987 zum ersten Mal öffentlich hinrichtete. Er sieht in seinem Werk eine Widmung für all die Bücher, die nie geschrieben werden konnten, durften, sollten und wollten.

Buch ohne Worte

In der Literatur wurde wahrscheinlich jedes Wort bereits geschrieben – aber wurde jemals kein Wort geschrieben? Vielleicht fühlt sich auch jemand dazu berufen, seine eigene Geschichte hineinzuschreiben. Auch das wäre Sinn gebend. Sicher lässt dieses Buch den größtmöglichen Interpretationsspielraum, den es je gegeben hat. Obwohl kein Wort darin steht, hat jeder der das Nichts liest eine Meinung. Es ist Kunst, Philosophie und ein Geschenk, über das man diskutieren kann – ja sollte.

Gute Literatur spricht für sich selbst. Lassen wir zum Abschluss ein Zitat sprechen aus dem Buch das nie geschrieben wurde: "       ."

 

Das Buch
das nie geschrieben wurde

von Uwe Knietsch
cybertrix Verlag, München
ISBN 978-3-9813001-1-6
Preis: € 9,80
www.cybertrix.de