Berlin, Hamburg und Bremen brachten am Freitag in Berlin einen Antrag auf eine Erweiterung des Grundgesetz-Artikels 3 in den Bundesrat ein, wonach niemand wegen seiner sexuellen Identität benachteiligt werden soll. Die Länderkammer wird über den Antrag beraten. Für eine Grundgesetzänderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich.
Der Regierende Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) begründete den Antrag der Stadtstaaten mit der historischen Verantwortung Deutschlands und der Weiterentwicklung der Gesellschaft und des Rechts. Er sagte, die Homosexuellen seien als einzige, von den Nationalsozialisten systematisch verfolgte Gruppe bisher nicht in den Artikel 3 aufgenommen worden. Mit Blick auf die Gegenwart sagte Wowereit, das Land sei reif für einen solchen Beschluss. Es bekenne sich damit als offene und moderne Republik mit einem "Leitbild der Vielfalt".
von Beust: In manchen Milieus offene Verhöhnung
Der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust (CDU) sagte, eine Verfassungsänderung ändere nicht die Wirklichkeit, doch gebe sie eine klare Orientierung. Er wies darauf hin, dass trotz aller Fortschritte bei der Gleichstellung der Homosexuellen mancherorts die Probleme wieder zunähmen. In bestimmten Milieus würden Schwule und Lesben offen verhöhnt. Als Beispiele nannte von Beust muslimische Jugendmilieus in den Großstädten und Bereiche des Sports, etwa den Fußball sowie Teile des Vereinslebens. Auf dem Land gebe es einen größeren Anpassungsdruck als in den Städten. In den Städten komme es indes zunehmend zu gewalttätigen Angriffen, sagte von Beust.
Die scheidende Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) unterstützte den Antrag der Länder. Ein Diskriminierungsverbot im Grundgesetz spiegele einerseits die realen und rechtlichen Verbesserungen für Homosexuelle wider. Zum anderen helfe es, noch bestehende rechtliche Ungleichheiten zu beseitigen. Zypries nannte das Beamten- und Versorgungs- sowie das Steuerrecht. Es sei nicht einzusehen, das homosexuelle Paare, die füreinander Verantwortung übernehmen, schlechter gestellt seien.
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Artikel 3 des Grundgesetzes enthält das Gleichheitsgebot. Danach darf niemand wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens und seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. 1994 wurde der Artikel um das Diskriminierungsverbot von Behinderten ergänzt.
Als das Grundgesetz 1949 in Kraft trat, stand Homosexualität unter Strafe. Ab Ende der 50er Jahre wurden sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen nicht mehr strafrechtlich verfolgt. Die Diskriminierung der Homosexuellen geht erst seit den 70er Jahren zurück. 2001 trat das Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft.