Bischöfe entschuldigen sich für umstrittenes EKD-Papier
Krisentreffen in Karlsruhe: Spitzenvertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) haben sich am Mittwochabend bei der katholischen Seite für ein internes EKD-Papier entschuldigt. Sie sprachen von einem "Missgriff". Ratsvorsitzender Bischof Wolfgang Huber sagte am Donnerstagmorgen im Deutschlandfunk, das ökumenische "Grundvertrauen" sei wieder hergestellt.

Spitzenvertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) haben sich bei katholischen Bischöfen für das umstrittene Ökumenepapier aus dem EKD-Kirchenamt entschuldigt. "Die evangelische Seite betrachtet diesen Text als Missgriff. Sie bittet um Entschuldigung bei allen, die ihre Kirche und sich persönlich durch einzelne anstößige Aussagen beschwert fühlen müssen", erklärten die Teilnehmer eines Spitzengesprächs von evangelischen und katholischen Bischöfen am Mittwochabend in Karlsruhe.

Das Gespräch sei offen, konstruktiv und im Geist christlicher Geschwisterlichkeit geführt worden, heißt es in der gemeinsamen Erklärung der Gesprächsteilnehmer, die unmittelbar im Anschluss an das Treffen von EKD und Bischofskonferenz verbreitet wurde. "Beide Seiten sind davon überzeugt, dass das beschädigte Vertrauen wiederhergestellt werden kann und wird." Beide Seiten versicherten, der bewährte Kontaktgesprächskreis zwischen den Spitzen beider Kirchen bleibe eine wichtige Plattform der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Das gemeinsame Zeugnis des Evangeliums für die Welt bleibe weiter vordringlich. Dafür werde der Ökumenische Kirchentag 2010 in München ein deutliches Zeichen setzen.

"Angeschlagener Boxer"

In dem Referentenpapier, das die katholische Würzburger Zeitung "Die Tagespost" mittlerweile im Wortlaut dokumentiert hat, ist von Spannungen innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland sowie von "hausgemachten Irritationen" seit dem Amtsantritt von Papst Benedikt XVI. die Rede. Diese Vorgänge könnten entweder als Ausdruck von "Inkompetenz der Vatikanführung" oder als Hinweis auf eine Kurskorrektur gedeutet werden, heißt es. Vom Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, gehe keine orientierende und prägende Kraft aus. Die katholische Kirche agiere wie ein "angeschlagener Boxer" und schwanke "zwischen öffnenden Gesten und ruppiger Abgrenzung".

Huber äußerte am Donnerstag im Deutschlandfunk Verständnis, dass das Papier "große Enttäuschung" auf katholischer Seite hervorgerufen habe. Es enthalte Aussagen, für die sich die evangelische Kirche zu entschuldigen habe. Er sei dankbar, dass Zollitsch die Entschuldigung angenommen habe. Auch der Verfasser des Papiers habe eingesehen, dass man hinter diesen Aussagen nicht stehen könne. Das Schriftstück stammt von Oberkirchenrat Thies Gundlach, im EKD-Kirchenamt Abteilungsleiter für "kirchliche Handlungsfelder".

Ärger über Indiskretion

Als "außerordentlich ärgerlich" bezeichnete es der Berliner Bischof, dass das der EKD-Kirchenkonferenz als Vertretung der 22 Landeskirchen vorgelegte Papier an die Öffentlichkeit gelangte. Über die Motive der Indiskretion wollte der Ratsvorsitzende nicht spekulieren, die "schädigende Absicht" sei deutlich. Huber stellte erneut heraus, dass sich die EKD-Gremien das Papier zu keiner Zeit zu eigen gemacht hätten. Er sieht evangelische und katholische Kirche nach eigenen Worten nicht in einer Konkurrenz um Meinungsführerschaft in Deutschland. "Ich sehe ganz viele Gemeinsamkeit", sagte er, auch wenn es in einzelnen gesellschaftlichen Fragen zum Beispiel bei der Bioethik "unterschiedliche Hervorhebungen" gebe.

Zollitsch wies im Deutschlandradio Kultur die Äußerungen über seine Person als "Klischee" zurück. Auch sei die Bischofskonferenz nicht zerstritten. Es sei ihm vielmehr gelungen, die katholischen Bischöfe "auf einer Linie" zu halten, so der Freiburger Erzbischof. Er sei froh, dass die EKD-Leitungsgremien das Papier zurückgewiesen hätten. Hier habe offenbar eine einzelne Person gemeint, "Feindbeobachtung" machen zu können. "Wir werden in der Ökumene weiter gehen und uns nicht von unserem Weg abbringen lassen", sagte Zollitsch. Künftig solle in den regelmäßigen Kontaktgesprächen zwischen den Kirchen intensiver über alle Themen gesprochen werden.

Je vier Vertreter

An der Unterredung am Mittwochabend in Karlsruhe hatten für die katholische Kirche Erzbischof Zollitsch, der Mainzer Kardinal Karl Lehmann und der Ökumene-Beauftragte und Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller teilgenommen. Die evangelische Kirche war durch den Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber und die Landesbischöfe Ulrich Fischer (Karlsruhe) und Johannes Friedrich (München) vertreten. Außerdem nahmen der Sekretär der Bischofskonferenz, Hans Langendörfer, sowie der Präsident des EKD-Kirchenamtes, Hermann Barth, teil.

Neben mehreren evangelischen Bischöfen hatte sich auch der EKD-Ratsvorsitzende Huber bereits Ende vergangener Woche von dem Papier distanziert und sich am Montagvormittag bei Erzbischof Zollitsch für die entstandenen Irritationen entschuldigt. Besonders die Urteile über Personen seien "unzutreffend und unangebracht". Langfristige Entwicklungen in der Ökumene seien allerdings zutreffend beschrieben. Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann schrieb nach Angaben ihrer Kanzlei die drei katholischen Bischöfe in Niedersachsen an und entschuldigte sich "für die despektierlichen Sätze des Papiers".

Müller, der die Ökumenekommission der Bischofskonferenz leitet, hatte sich bereits vor dem Spitzentreffen im Kölner Domradio versöhnlich geäußert: "Wir werden deutlich machen, dass einzelne Störmanöver die Ökumene nicht aufhalten können." Er sei zuversichtlich, dass das gestörte Vertrauen wiederhergestellt werde: "Wir spielen jetzt nicht die beleidigte Leberwurst und schlagen die Tür zu."

epd