Der Tübinger Theologe Hans Küng hat Papst Benedikt XVI. scharf angegriffen. Das Kirchenoberhaupt äußere sich in Glaubensfragen immer wieder "erstaunlich naiv", sagte er dem "Stern" (Donnerstag). Der Papst sei "manchmal vormodern und populistisch - aus seinem bayerischen Glauben heraus". Die gegenwärtige Politik des Vatikan bezeichnete der Wissenschaftler als Fiasko. "Der Versuch, die Kirche wieder zurück ins Mittelalter zu zwingen, leert sie. Man kann die alte Zeit nicht zurückholen!"
Der heute 81-jährige Küng hatte 1979 wegen seiner Zweifel an der Unfehlbarkeit des Papstes seine Lehrerlaubnis verloren. Seither trat er immer wieder mit Kritik an der katholischen Kirche hervor. Im "Stern" bezeichnete sich der Theologe als "Sprecher der loyalen Opposition" gegenüber dem Papst. Er bedauerte es, dass Benedikt XVI. "nicht denselben Weg der Reform weitergegangen ist wie ich". Küng hatte Joseph Ratzinger, den heutigen Papst, 1966 an die Universität Tübingen geholt.
Oberkirche, Unterkirche
Der aus der Schweiz stammende Theologe und Gründer der Stiftung "Weltethos" sprach von einer "Spaltung der katholischen Kirche in Ober- und Unterkirche". Er selbst repräsentiere die Unterkirche, Benedikt XVI. die Oberkirche. Küng mag es nach eigenem Bekunden nicht, "ständig Kirchenrebell genannt zu werden". Er selbst sehe sich als Reformer: "Ohne mich hätten viele die Kirche aufgegeben, viele sagen mir: So lange Sie es in der Kirche aushalten, halte ich es auch aus."