Kirche will Gottesdienste attraktiver gestalten
Die evangelische Kirche will Gottesdienste attraktiver machen. Dafür soll die überlieferte Liturgie mit überzeugenden neuen Feierformen verknüpft werden, heißt es in einer am Montag vorgestellten EKD-Studie.

Evangelische Gottesdienste sollen einladender werden. Die öffentliche Feier des Gottesdienstes sei das Zentrum des kirchlichen Lebens, heißt es in einer von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Montag in Berlin vorgestellten Orientierungshilfe mit dem Titel "Der Gottesdienst". Darin ist als Ziel formuliert: "Alle, die kommen, sollen sich angesprochen fühlen". Neben dem klassischen Sonntagsgottesdienst werden auch alternative Formen und Gottesdienste für Zielgruppen dargestellt sowie die wichtige Rolle der Kirchenmusik betont. "Kinder sind willkommen", lautet eine weitere Empfehlung.

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EKD-Ratsvorsitzender Bischof Wolfgang Huber sagte bei der Vorstellung der Schrift, die Kirche wolle sich nicht damit abfinden, dass Gottesdienste nicht die Resonanz fänden, die ihrer Bedeutung im Gemeindeleben zukomme. "Der Gottesdienst bildet für jede Gemeinde das Kernstück ihrer Existenz", sagte der Berliner Bischof. Er erinnerte daran, dass eine höhere Beteiligung am Gottesdienst ein zentrales Ziel der kirchlichen Reformanstrengungen sei. Es müsse ein "gemeinsames Qualitätsbewusstsein" entwickelt werden.

Gemeinschaft und Lebensorientierung

Ein guter Gottesdienst zeichne sich dadurch aus, dass der Einzelne die Kirche in dem Gefühl verlasse, "eine Stunde gut verbracht" zu haben und er im Gottesdienst Gemeinschaft, Lebensorientierung sowie die Begegnung mit Gott gespürt habe, erläuterte Huber. Die Orientierungshilfe stelle die Freude am Gottesdienst ins Zentrum. "Alle, die kommen, sollen sich angesprochen fühlen", heißt es in der Schrift. Für evangelische Christen gebe es keine Pflicht zum Gottesdienstbesuch. Jedem Einzelnen stelle sich aber die Frage, was ihn davon abhalte, zur Kirche zu gehen: "Der Gottesdienst, der gefeiert werden soll, braucht Christen, die ihn feiern."

Der sonntägliche Kirchgang sei einem punktuellen Gottesdienstbesuch zu bestimmten Anlässen gewichen, und es sei immer schwerer, alle Gemeindemitglieder zu erreichen, lautet ein Befund der Studie. Für evangelische Christen gebe es keine Pflicht zur Teilnahme am Sonntagsgottesdienst. Allerdings wird betont: "Der Gottesdienst, der gefeiert werden soll, braucht Christen, die ihn feiern." Jeden Sonntag werden in Deutschland laut Statistik rund evangelische 20.000 Gottesdienste gefeiert. An ihnen nehmen durchschnittlich eine Million Menschen teil. An Heiligabend liegt die Besucherzahl bei über neun Millionen. Gottesdienstübertragungen in Rundfunk und Fernsehen werden den Angaben zufolge regelmäßig von einer Million Menschen verfolgt.

Bei der Vorstellung der Studie unterstrich Huber, für den laufenden EKD-Reformprozess komme dem Umgang mit dem Gottesdienst eine zentrale Bedeutung zu. Dies habe sich gerade bei der Zukunftswerkstatt vor zwei Wochen in Kassel gezeigt. Im Impulspapier "Kirche der Freiheit" hatte die EKD das Ziel formuliert, die Gottesdienstbeteiligung zu stärken und ein entsprechendes Qualitätsbewusstsein zu stärken. Als besonders wichtige Aufgabenfelder wurden zum einen Liturgie und Kirchenmusik und zum anderen die Predigt herausgehoben.

"Pulsschlag des kirchlichen Lebens"

Der Vorsitzende der Kommission, die die Orientierungshilfe verfasst hat, der Münsteraner Theologieprofessor Michael Beintker, sagte: "Der Gottesdienst ist der Pulsschlag des kirchlichen Lebens. Er muss so interessant sein, dass man ihn nicht verpassen möchte." Die Studie, die Informationen über die theologischen Grundlagen des Gottesdienstes mit praktischen Hinweisen verbindet, empfehle Pfarrern, sich einen Tag pro Woche zur Vorbereitung eines Gottesdienstes Zeit zu nehmen.

Von den Qualitätsansprüchen dürften keine Abstriche gemacht werden, wird in dem Text gefordert: Dies betreffe Sprache, Bewegungen, Musik, Kleidung und Kultgeräte ebenso wie Inhalte. Für die Gestaltung gilt: "lieber schlicht und gut als aufwändig und gut gemeint". Unvermindert aktuell ist den Verfassern zufolge die Aufgabe, überlieferte Liturgie mit überzeugenden neuen Formen von Gottesdienst zu verbinden.

Zahlreiche praktische Empfehlungen

Weiter wird dargelegt, was das Wesen des evangelischen Gottesdienstes ausmacht und worin seine zentralen Elemente bestehen. Dabei wird auch klargestellt, dass ein Gottesdienst ohne Abendmahl aus evangelischer Sicht keinen geringeren Status habe. Die Studie enthält zahlreiche praktische Empfehlungen. Gerade Gottesdienste zu biografischen Anlässen wie Taufe, Konfirmation, Trauung und Beerdigung wird eine besondere Bedeutung zugemessen. Denn gerade kirchenferne Menschen suchten diese "lebensbegleitenden Rituale". Besonders wichtig seien ebenfalls Gottesdienste mit Kindern: "Ohne Kinder sind unsere Gottesdienste gewiss ruhiger. Doch lebendiger und zugleich dem Evangelium näher sind sie mit ihnen."

Mit der "Orientierungshilfe zu Verständnis und Praxis des Gottesdienstes in der evangelischen Kirche" knüpft die EKD an Texte an, in denen die Bedeutung von Taufe und Abendmahl herausgestellt wurde. Sie waren in den Jahren 2003 und 2008 erschienen. Die neue Studie, die sich den Angaben zufolge an Pfarrer, Lektoren, Kirchenmusiker und Kirchenvorstände wendet, wurde von einer Arbeitsgruppe unter Leitung des Münsteraner Theologieprofessors Michael Beintker vorbereitet.

"Der Gottesdienst. Eine Orientierungshilfe zu Verständnis und Praxis des Gottesdienstes in der evangelischen Kirche", 96 Seiten, Gütersloher Verlagshaus, 4,95 Euro (ISBN-Nummer: 978-3-579-05910-5). Das Buch kann auch bestellt werden beim Kirchenamt der EKD (Herrenhäuser Straße 12, 30419 Hannover, Telefon: 0511/2796-460, E-Mail: versand@ekd.de). Im Volltext findet sich die Studie hier.

epd/evangelisch.de