Die Friedliche Revolution 1989 wäre einen Nobelpreis wert
Barack Obama erhält den Friedensnobelpreis. Eine gute Wahl. Und doch hätten auch die Bürger der ehemaligen DDR den Preis verdient. Für die friedliche Revolution 1989.
09.10.2009
Von Henrik Schmitz

Die Entscheidung, Barack Obama mit dem Friedensnobelpreis auszuzeichnen, ist sicherlich vertretbar. Wie bei Willy Brandt 1971 versucht das Nobelpreiskomitee mit seiner Auswahl, eine Entwicklung zu unterstützen, die erst am Beginn steht. Zwar träumt Obama von einer Welt ohne Atomwaffen, zwar hat er auch Ländern wie Nordkorea und dem Iran die Hand ausgestreckt, doch stehen die US-Truppen noch immer im Irak und Afghanistan. Ob seine Vision Wirklichkeit wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abzusehen. Und es ist nicht abzusehen, wie Obama seine Politik ausrichten wird, wenn er weiter unter Druck gerät und in seinem Land mehr Erfolge vorweisen muss. US-Präsidenten sind oft auch Feldherren gewesen. 

Das Nobelpreiskomitee hat entschieden und es hat gut entschieden. Hätte es vielleicht noch besser entscheiden können? Was für ein Symbol wäre es gewesen, wenn die Akademie in Stockholm gerade am 9. Oktober, dem Ausgangstag der Wende in Deutschland, den Friedensnobelpreis an die Menschen vergeben hätte, die es geschafft haben, tatsächlich eine Umwälzung zu mehr Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden einzuleiten und letztlich zu vollenden. Die Menschen also, die maßgeblich dafür waren, dass die Revolution in der DDR 1989 eine friedliche Revolution war. 

Eine Vision zu haben ist ehrenwert. Daran zu arbeiten, sie umzusetzen, ist schwer und löblich. Sie zu vollenden, gelingt selten. Obama steht noch am Anfang seines Weges und jede Unterstützung ist wichtig und wertvoll. Aber hätten auch nicht die Menschen eine Auszeichnung verdient, die ihre Vision von Frieden und Freiheit verwirklicht haben? 

Ungeheure Kraft

 

Es war keinesfalls klar, dass die Wende in der DDR friedlich verlaufen würde. Dass es so war, dafür sind nicht die kommunistischen Kader verantwortlich, die die Panzer nicht haben schießen lassen. Dafür verantwortlich sind die vielen Tausend Menschen, die mit Kerzen in den Händen ihren Protest mutig auf die Straße getragen haben. Friedlich auf die Straße getragen haben. Von der Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 ging eine ungeheure Kraft aus, eine Energie, die noch stärker war als das Charisma eines Barack Obama und die ihren Ursprung unter anderem in der Nicolaikirche in Leipzig genommen hat. 

Menschen wie die Pfarrer Christian Führer und Christoph Wonneberger, der ehemalige Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens Johannes Hempel oder Vertreter des Neuen Forums wie Bärbel Bohley oder Hans-Jochen Tschiche könnten den Friedensnobelpreis stellvertretend für die Bürger der ehemaligen DDR, die für ihre Freiheit auf die Straße gegangen sind, entgegennehmen. Auch Helmut Kohl, der maßgeblich an der friedlichen Wiedervereinigung beteiligt war und damit die Vision Willy Brandts vollendete, könnte den Friedensnobelpreis stellvertretend erhalten.

Eine Vergabe des Nobelpreises an die Bürger der ehemaligen DDR würde ein Zeichen setzen. Dafür, dass Umwälzungen auch dann gelingen können, wenn sie von der Straße kommen, sozusagen von unten, und nicht nur dann, wenn große Staatsmänner sie von oben anstoßen. Ob mit oder ohne Nobelpreis: Die friedliche Revolution von 1989 war ein Wunder. Dass Wunder geschehen, gibt Menschen Hoffnung und gibt ihnen vielleicht die Kraft, selbst Wunder anzustoßen.

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