Barack Obama hat eine kühne Vision: Der erste schwarze US-Präsident will eine Welt ohne Atomwaffen. Schon seine ersten Schritte für nukleare Abrüstung werden in diesem Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Obama ist Oberkommandierender der stärksten Atommacht der Welt.
Zum ersten Mal verkündete er sein Ziel am 5. April in Prag: "Heute erkläre ich klar und mit Überzeugung Amerikas Verpflichtung, den Frieden und die Sicherheit einer Welt ohne nukleare Waffen anzustreben." Das Publikum applaudierte begeistert. Obama, damals erst zweieinhalb Monate im Amt, hatte das große außenpolitische Thema seiner Präsidentschaft formuliert.
Weiter ging es im September, als Obama dem UN-Sicherheitsrat einen Plan präsentierte, der auf die Abschaffung aller nuklearen Massenvernichtungswaffen zielt. Das oberste UN-Gremium nahm den Obama-Plan einstimmig als Resolution an - auch die offiziellen Atommächte Russland, China, Frankreich und Großbritannien votierten mit Ja.
Zusammen verfügen derzeit alle Atommächte laut dem Stockholmer SIPRI-Institut über rund 8.400 atomare Sprengköpfe - genug, um die Welt Dutzende Male völlig zu vernichten. "Die Gefahr der
Weiterverbreitung wächst im Ausmaß und in ihrer Komplexität", warnte Obama. "Falls wir nicht handeln, werden wir nukleares Wettrüsten in allen Regionen verursachen." Kriege und Terrorangriffe in unvorstellbarem Ausmaß wären die Folge. Eine Bombe könnte Hunderttausende Menschen in Städten wie Paris, Moskau oder Peking töten.
Warnsignal an den Iran
Um die Dringlichkeit zu unterstreichen, leitete Obama die Sitzung des UN-Sicherheitsrates persönlich. Kein US-Präsident hatte das je zuvor getan. Das geschlossene Auftreten des Gremiums hinter Obama galt auch als eindeutiges Warnsignal an den Iran und Nordkorea: Die USA beschuldigen den Iran, den Besitz von Atomwaffen anzustreben. Nordkorea zündete bereits zwei Atombomben.
Der Nuklearexperte John Burroughs räumt allerdings ein, dass die Entschließung des Sicherheitsrats noch kein bindender Beschluss sei. Anders ausgedrückt: Ob die Staaten Obamas Plan für eine atomwaffenfreie Welt jemals voll umsetzen, ist noch offen.
Im Einzelnen schlägt Obama folgende Schritte vor: Die Länder sollen den rund 40 Jahre alten Atomwaffensperrvertrag modernisieren, denn das Abkommen konnte Nordkoreas atomare Abenteuer nicht verhindern. Ausdrücklich fordert Obama auch einen neuen Vertrag zur völligen nuklearen Abrüstung - somit müssten sich die USA selbst von ihren Atombomben verabschieden.
Auch Israel, Pakistan und Indien sollen dem Sperrvertrag beitreten. Indien und Pakistan verfügen über Atomwaffen. Israel äußert sich nicht offiziell zu der Existenz eines Nuklearprogramms. Der Beitritt der Außenseiter wäre mit einem Aus für ihre atomaren Arsenale verknüpft. "Diese Forderung Obamas wird den Israelis sicher nicht gefallen", kommentiert ein Diplomat.
Der US-Präsident verlangt weiter, dass ein Vertrag über ein Stopp für Atomwaffentests in Kraft treten soll. Das Abkommen würde eine Lücke im Kampf gegen die Weiterverbreitung schließen. Bislang verweigert sich der US-Senat dem Abkommen.
Schräfere Grenzkontrollen
Zudem verlangt Obama, dass sich die Länder auf einen neuen Vertrag über ein Produktionsverbot von atomwaffenfähigem Material einigen. Derzeit verhandeln die großen Militärmächte in der Genfer Abrüstungskonferenz über ein entsprechendes Abkommen.
Ebenso sollen laut der US-Initiative alle Staaten schärfere Grenzkontrollen einführen, um den Transfer von atomwaffenfähigem Material und Technologie verhindern. So soll verhindert werden, dass Atomwaffen in die Hände von Terroristen gelangen. Und so soll verhindert werden, dass Länder wie Iran oder Nordkorea ihre Atomprogramme ausbauen.
Dass der Kampf gegen die Atomwaffen auch eine Frage der festen Überzeugungen ist, machte Obama in Prag klar: "Wenn wir glauben, die Verbreitung der nuklearen Waffen ist unvermeidlich, dann glauben wir
in gewisser Weise auch, dass der Einsatz der nuklearen Waffen unvermeidlich ist."
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epd