Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. hat die Christen aufgerufen, überzogenes Konsumdenken zu kritisieren. "Wir dürfen niemals vergessen, dass wir diese Welt geerbt haben; sie ist ein Geschenk von oben", sagte das Ehrenoberhaupt der Orthodoxen Kirche am Mittwoch in Kolympari auf der griechischen Insel Kreta. Bartholomäus sprach zur Eröffnung einer ökumenischen Theologenkonferenz. Bei dem einwöchigen Treffen geht es unter anderem um die Frage, warum christliche Kirchen in ethischen Fragen zu unterschiedlichen Standpunkten kommen.
Das Gemeinsame der Kirchen ist nach Ansicht des Patriarchen ihre Mission. Dies werde erkennbar in ihrem Eintreten für die Bewahrung der Schöpfung sowie die Förderung von Toleranz und Verständnis. "Lassen Sie uns gemeinsam unsere Verpflichtung zu Dialog und Einheit als Weg der Erneuerung und Reflexion von neuem bekräftigen", sagte Bartholomaios. Zu den Beratungen der Kommission für Glaube und Kirchenverfassung werden 120 Theologen, Professoren und Laien erwartet.
Katholiken und Evangelikale gehören dazu
Die Kommission besteht bereits seit 1927. Sie gehört zum Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK), ist allerdings repräsentativer, da ihr die römisch-katholische Kirche sowie evangelikale Gemeinschaften und Pfingstkirchen als Vollmitglieder angehören. Der scheidende ÖRK-Generalsekretär Samuel Kobia sagte in seiner Eröffnungspredigt, jedes Ringen um Konsens in strittigen Fragen müsse im Geist der Liebe geschehen. Das bedeute nicht, dass es keine Differenzen geben dürfe. Aber gefordert sei ein "Geist der gegenseitigen Achtung, der Toleranz, der Vergebung und der Fürsorge für die anderen".
Ein zentrales Thema des Treffens ist die ethisch-moralische Urteilsbildung der Kirchen. Eine Fallstudie wird sich dabei auch mit den unterschiedlichen Positionen befassen, die in der Debatte über die Stichtagsverlängerung bei der embryonalen Stammzellforschung zwischen der Evangelischen Kirche in Deutschland und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz sichtbar wurden.
Dokument zur Kirchenfrage
Unter dem Titel "Quellen der Autorität" sollen den Angaben zufolge weitere strittige Punkte wie Homosexualität, Abwerben von Kirchenmitgliedern, Globalisierung und Rassismus erörtert werden, die innerhalb einzelner Kirchen zu Spaltungen führten. Der Direktor der Kommission, der kanadische Anglikaner John Gibaut, wertete das Treffen als einen "Meilenstein im ökumenischen Dialog". Dies gelte vor allem hinsichtlich des Dokuments "Wesen und Auftrag der Kirche", das für die Frage, was die Kirche zur Kirche macht, eine gemeinsame Grundlage bieten soll.
In der Endfassung könnte dieser Text "die ökumenische Landschaft ebenso verändern" wie die Lima-Dokumente "Taufe, Eucharistie und Amt" von 1983, äußerte Gibaut. Das Plenum der Kommission für Glaube und Kirchenverfassung tagt jeweils zwischen den ÖRK-Vollversammlungen, zuletzt 2004 in Kuala Lumpur in Malaysia.