Ethikunterricht statt Religion?
Der Landesverband NRW der Linkspartei möchte den Religionsunterricht abschaffen. An seine Stelle soll ein gemeinsamer Ethikunterricht treten. So steht es jedenfalls im Landtagswahlprogramm, das auf dem Landesparteitag der Linken am 7. und 8. November im westfälischen Hamm diskutiert werden soll.
07.10.2009
nrw.evangelisch.de / tig

„Wir haben eine Trennung von Staat und Kirche. Religion gehört deshalb ins Private“, betont Pressesprecher Ralf Michalowsky und spielt damit auf das Grundgesetz an. „Man sollte Kindern, die sich nicht wehren können, in der Schule nicht Religion beibringen“, so Michalowsky weiter, der diese Aufgabe lieber in den Elternhäusern sowie in Kirchen, Synagogen und Moscheen verankert wissen möchte.

Kein Wunder, dass der Landesverband NRW im selben Atemzug für die Abschaffung der kirchlichen Ersatzschulen plädiert. Kinder unterschiedlicher Herkunft und Religionszugehörigkeit sollen laut Parteipapier gemeinsam miteinander und voneinander lernen.

Schließlich solle die Garantie für einen bekenntnisorientierten Religionsunterricht an Schulen ebenso aus der Landesverfassung gestrichen werden wie die Ehrfurcht vor Gott als Ziel der Erziehung.

Bodo Ramelow, Spitzenkandidat der Linkspartei in Thüringen, äußerte sich hingegen skeptisch: „Religion gegen Ethik zu stellen, das geht nach dem Grundgesetz überhaupt nicht. Es kann doch nur um den Ausbau eines attraktiven Ethikangebotes in den Schulen gehen. Ich rate meiner Partei, hier keinen antireligiösen Ton anzuschlagen,” sagte Ramelow gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung.

Richtig ist, dass wir in Deutschland laut Grundgesetz, Artikel 140, keine Staatskirche haben. Ein Passus, der seinerzeit aus der Weimarer Reichsverfassung übernommen worden war. Er richtete sich ursprünglich gegen das so genannte „landesherrliche Kirchenregiment“, nach dem der Landesherr gleichzeitig der ranghöchste Bischof war, und hatte nicht die strikte Trennung von Staat und Kirche im Blick.

Richtig ist aber auch, dass der Religionsunterricht – abgesehen von den bekenntnisfreien Schulen - nach wie vor ordentliches Lehrfach ist. Nachzulesen übrigens im Grundgesetz, Artikel 7. Mit anderen Worten: die Praxis des Religionsunterrichtes als ordentliches Lehrfach steht keinesfalls im Widerspruch zum Grundgesetz. Sie wird gerade durch das Grundgesetz verbrieft und garantiert.

Ganz abgesehen von der formal-juristischen Debatte, die sich an dieser Stelle entfachen und auf die Frage konzentrieren könnte, wie stark denn die Trennung von Staat und Kirche konkret auszusehen habe: Jedes Kind hat ein Recht auf Bildung. Auch auf religiöse Bildung.

Dieses Recht und die damit verbundene Verantwortung auf Eltern und Kirchen abzuschieben, wie es die NRW-Linkspartei gerade versucht, ist mehr als fragwürdig. Es ist schlichtweg falsch. Viele Elternhäuser können diese Aufgabe ähnlich wie in den Fächern Mathe, Englisch und Latein überhaupt nicht leisten.
Die Forderung nach einem gemeinsamen Ethikunterricht wirft indes die Frage auf, welches Bild die NRW-Linkspartei vom Religionsunterricht hat. Hier haben Kinder die Möglichkeit, verschiedene Religionen und Weltanschauungen kennen zu lernen, also genau das vermittelt zu bekommen, was sich die Linken vom Ethikunterricht versprechen.

Evangelischer Religionsunterricht ist darüber hinaus für Kinder aller Konfessionen und Religionen offen. Damit bietet er die Chance, gemeinsam miteinander und voneinander zu lernen. Das wiederrum ist gar nicht so weit vom Parteiprogramm der Linken in NRW entfernt.