Am Schwarzen Brett der Diamantenbörse von Antwerpen hängen zwei Fotos. Sie zeigen unscheinbare Steine: einige braun gescheckt, einige grünlich, viele kugelig wie kleine Flusskiesel. "Diese Exemplare sind weltweit einzigartig", heißt es nachdrücklich neben einem Bild. Die Händler sollen Bescheid wissen. Denn die Rohdiamanten kommen aus Simbabwe - und bereiten einer ganzen Branche Kopfzerbrechen.
Bei der Förderung der Edelsteine im Distrikt Marange wurde Blut vergossen, berichten Menschenrechtsorganisationen: Angehörige der Armee erschossen Hunderte Minenarbeiter, um die Diamanten in ihren Besitz zu bringen. Sie beuteten Menschen als Zwangsarbeiter aus, folterten und misshandelten sie. Bis heute dauern die Repressionen an.
Das schildern Organisationen wie Human Rights Watch und Global Witness, und die Händler in Antwerpen halten die Berichte für glaubwürdig. Die belgische Großstadt ist der weltweit wichtigste Handelsplatz für Diamanten. Jetzt ist man in Sorge, denn die Erinnerung an die Zeit der "Blutdiamanten" ist noch wach. Jahrzehntelang hatten diese Edelsteine Bürgerkriege in Afrika und anderen Regionen genährt.
Rebellen schmuggelten die kostbare Ware und kauften von den Erlösen Waffen in großem Stil. 2003 hatte die internationale Gemeinschaft ein komplexes Kontrollsystem in Kraft gesetzt, das die perfiden Geschäfte endlich unterbinden sollte. Der sogenannte Kimberley-Prozess arbeitet mit Zertifikaten: Alle 49 Mitgliedsländer importieren nur solche Steine, denen vom Exportland eine saubere Herkunft bescheinigt wurde.
Doch Länder wie Simbabwe bringen das ganze System in Misskredit. Simbabwe ist nach wie vor Kimberley-Mitglied. Es gab zwar Untersuchungen zu den Vorfällen, aber keine echten Konsequenzen. "Den Vorsitz hat derzeit Namibia inne, eines von Simbabwes Nachbarländern", erklärt ein Branchenkenner aus Antwerpen mit vielsagendem Blick.
Im November findet in Namibia die Kimberley-Plenarversammlung statt. Dann beraten die Staaten über einen möglichen Ausschluss Simbabwes. Die Mitgliedschaft könnte für sechs Monate ausgesetzt werden. Doch ob das tatsächlich geschieht, ist fraglich. Die EU etwa hat nur sehr begrenzten Einfluss: Die 27 EU-Staaten haben zusammen nur eine Stimme.
Keine Sicherheit für europäische Kunden
Händlern, die etwas auf ihr Image halten, bleiben deshalb nur eine Selbstverpflichtung und eigene Kontrollen übrig. Branchenverbände fordern ihre Mitglieder auf, verdächtige Angebote sofort zu melden. "In unserer Werkstatt ist noch kein einziger Diamant aus Simbabwe aufgetaucht", ist ein Antwerpener Diamantschleifer überzeugt. Die Schleiferei ist kein Massenbetrieb. Die Spezialisten arbeiten manchmal Wochen an einem einzigen Stein.
Doch ganz sicher können auch europäische Kunden nicht sein. Blutdiamanten legen häufig verschlungene Wege durch mehrere Länder zurück. Und Simbabwe ist der womöglich größte, aber nicht der einzige Problemfall. Das berichtet Ian Smillie, einer der Gründer des Kimberley-Prozesses. Er stieg Mitte des Jahres frustriert aus der Initiative aus, weil ihm die Sicherheitslücken zu gravierend wurden.
Smillies Recherchen zufolge bringen die Elfenbeinküste, Venezuela, Angola, Guinea und weitere Staaten ebenfalls illegal geschürfte oder sogar blutbefleckte Steine auf den Markt. Die internationalen Kontrollmissionen seien lax, einzelne Länder hätten zu viele Blockademöglichkeiten, sagt er. Bestimmte Themen würden endlos, andere dafür gar nicht diskutiert. Und einige Probleme würden ignoriert, weil Interessen multinationaler Konzerne im Spiel seien. "Der Kimberley-Prozess hat Erfolge gebracht, aber im Moment versagt er dramatisch!" schimpft der Experte.