Schwarz-gelbe Schnittmengen und Konfliktherde
Union und FDP müssen bei ihren Koalitionsverhandlungen eine Reihe von Streitpunkten aus dem Weg räumen. Ein Überblick über Schnittmengen und Konfliktherde.

STEUERN/FINANZEN:

Union und FDP wollen trotz Rekordverschuldung das Wahlversprechen von Steuersenkungen einlösen. Im Detail gibt es aber unterschiedliche Vorstellungen. Die FDP drängt auf eine radikale Reform mit Erleichterungen von bis zu 35 Milliarden Euro. Sie will das Steuersystem komplett umbauen, Ziel sind nur noch drei Steuersätze. Die Union will dagegen den Eingangssteuersatz in zwei Schritten von 14 auf 12 Prozent senken. Der Höchststeuersatz von 42 Prozent soll künftig erst ab 60 000 Euro Jahreseinkommen (bisher: 52 552 Euro) gelten. Ziel: Die Eindämmung der sogenannten kalten Progression, die Gehaltserhöhungen umgehend auffrisst. Die Entlastungen sollen bei bis zu 15 Milliarden Euro liegen. Einig dürften sich beide Seiten über Korrekturen bei Erbschafts- und Unternehmensteuer sein. Eine Vermögensteuer wird nicht kommen.

INNERE SICHERHEIT:

Auf kaum einem Gebiet liegen Union und FDP so weit auseinander. Die Freidemokraten wollen sich als Bürgerrechtspartei profilieren und fordern Korrekturen in der Innen- und Rechtspolitik. Die Union lehnt dies ab. So hält die FDP nichts von der Online-Durchsuchung privater Computer, der Datenspeicherung auf Vorrat und dem großen Lauschangriff.

GESUNDHEIT:

Die FDP will den von der Union mit beschlossenen Gesundheitsfonds zur Krankenkassenfinanzierung wieder abschaffen. Dass die Union dabei mitzieht, ist nicht zu erwarten. Allerdings kann der Fonds mit seinem Einheitsbeitragssatz umgestaltet werden. So könnte der Arbeitgeberanteil eingefroren werden, so dass die Lohnnebenkosten nicht weiter steigen - stattdessen könnte der Arbeitnehmeranteil steigen. Dies könnte in die Verantwortung der einzelnen Kassen gelegt und dafür die einprozentige Grenze bei den Zusatzbeiträgen zulasten der Kassenmitglieder erhöht werden. Diese Extra-Prämien müssen Kassen erheben, wenn sie mit dem Geld aus dem Fonds nicht auskommen, was fürs kommende Jahr verstärkt erwartet wird. Die CSU will eine stärkere Regionalisierung des Systems erreichen.

ARBEITSMARKT:

Die Union lehnt wie die FDP einen einheitlichen Mindestlohn ab. CDU/CSU plädieren bei Geringverdienern für ein Mindesteinkommen, das durch Aufstockung nicht-existenzsichernder Löhne durch staatliche Leistungen erreicht wird. Union wie FDP wollen das Schonvermögen für Hartz-IV-Empfänger deutlich erhöhen. Nach dem Willen der Liberalen sollen alle Sozialleistungen des Staates in einem Bürgergeld von 662 Euro im Monat zusammengefasst werden. Beim Kündigungsschutz dringt die FDP auf Änderungen: Er soll nach ihren Vorstellungen erst für Betriebe mit mehr als 20 Mitarbeitern und erst nach zwei Jahren statt sechs Monaten Beschäftigung gelten. Das will die Union nicht mittragen.

RENTE:

Die FDP lehnt die von der großen Koalition beschlossene Rente mit 67 Jahren ab. Sie ist für ein flexibles Renteneintrittsalter und den Ausbau der privaten und betrieblichen Altersvorsorge. Die Union will Beschäftigten, die ein Leben lang Vollzeit arbeiten, eine Rente über dem Existenzminimum sichern.

ENERGIE:

Union und FDP wollen die Laufzeiten der Atomkraftwerke über 2022 hinaus verlängern. Die Energiekonzerne sollen Zusatzgewinne daraus teilweise in einen Fonds für Energieforschung fließen lassen. Mit Spannung werden auch Festlegungen zur Endlagerung des Atommülls sowie zum möglichen Standort Gorleben in Niedersachsen erwartet. Insgesamt sollen die Energiepolitik und ihre Ziele auf den Prüfstand. Dazu gehört auch die Förderung der erneuerbaren Energien wie Windkraft und Sonnenenergie.

BUNDESWEHR:

Uneins sind sich die künftigen Koalitionäre beim Einsatz der Bundeswehr im Inneren, etwa beim Anti-Terror-Kampf. Die Union verteidigt die Wehrpflicht, die FDP fordert eine Berufsarmee.

AUSSENPOLITIK:

Auf diesem Feld sind beide Seiten weitgehend einig. Im Unterschied zur Union drängt die FDP darauf, dass die USA ihre letzten noch in Deutschland stationierten Atomwaffen rasch abziehen. Differenzen gibt es in der Beurteilung der Türkei: Während die Union den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union ablehnt, sieht die FDP die Voraussetzungen dafür nur aktuell noch nicht erfüllt. Für verzichtbar halten die Liberalen - anders als CDU/CSU - das Ministerium für Entwicklungshilfe.

dpa