Afrikasynode: Lockert Kirche das Kondomverbot?
Bei der katholischen Afrikasynode in Rom, die am Montag ihre Beratungen aufnahm, hat der ghanaische Kardinal Peter Turkson eine Lockerung des strengen Kondomverbots angedeutet.

Die katholische Kirche steht möglicherweise vor einer Lockerung ihres strengen Kondomverbots. Der ghanaische Kardinal Peter Turkson signalisierte am Montag bei der gegenwärtigen Afrikasynode in Rom eine vorsichtige Öffnung in dieser umstrittenen Frage. Die Versammlung hatte am gleichen Tag im Beisein von Papst Benedikt XVI. ihre Beratungen aufgenommen. Bis zum 25. Oktober wollen sich die Bischöfe mit den Themen Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden befassen. In Afrika leben rund 158 Millionen Katholiken.

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Turkson sagte mit Blick auf die Ausbreitung der Immunschwächekrankheit Aids auf dem Schwarzen Kontinent, im Falle verheirateter Paare, bei denen ein Partner HIV-positiv sei, könnte die Verwendung von Kondomen zum Schutz von gesunden Ehegatten angeraten sein. "Der erste Weg ist die Treue in der Ehe", ergänzte der Vorsitzende der Bischofskonferenz von Ghana. Der Papst hatte bei seiner Afrikareise im Frühjahr für Aufsehen gesorgt, als er die Wirksamkeit von Kondomen bei der Eindämmung der Aids-Epidemie leugnete. Die katholische Kirche verbietet ihren Mitgliedern die Verwendung jeglicher künstlicher Verhütungsmitteln.

Papst vermeidet Thema

In seiner Ansprache vor der Synode ging Benedikt XVI. nicht auf das Thema ein. Er forderte die afrikanischen Kirchen auf, Grenzen zwischen Volksgruppen, Ethnien und Religionen für die "Universalität Gottes" zu öffnen. Die religiöse, soziale und politische Lage Afrikas könne ohne Gottesbezug nicht begriffen werden. "Unsere Analysen sind ungenügend, wenn wir die Welt nicht im Lichte Gottes betrachten", sagte das katholische Kirchenoberhaupt. Ungerechtigkeiten und Korruption entstünden, wenn die Menschen nicht offen für Gott seien.

Die katholische Kirche in Afrika solle den "Schrei der Armen, der Minderheiten, der in ihrer Würde verletzten Frauen, der Außenseiter, der unterbezahlten Arbeiter, der Flüchtlinge und der Migranten" vernehmbar machen, heißt es in einem Arbeitspapier der Synode. Vor allem Frauen sollten eine "sichtbarere Aufgabe" erhalten. In dem Vorbereitungstext ist auch von ethnischen Konflikten innerhalb der Kirche die Rede. Zu den Themen der Versammlung gehört überdies der Dialog mit Muslimen, die in mehreren afrikanischen Ländern die Bevölkerungsmehrheit stellen.

"Spiritueller Giftmüll"

Zur Eröffnung der Synode am Sonntag hatte Benedikt XVI. die starke Spiritualität in der afrikanischen Kultur gewürdigt. Diese könne als "geistliche Lunge" für die in einer Glaubens- und Hoffnungskrise befindliche Menschheit wirken. Allerdings werde die Spiritualität von "gefährlichen Krankheiten" wie Materialismus, Relativismus und Nihilismus bedroht. Der Westen habe vielfach "spirituellen Giftmüll exportiert, der andere Völker vor allem in Afrika verseucht", so der Papst.

Die erste Afrikasynode fand 1994 statt. Die Ergebnisse der Bischofsversammlung werden in ein sogenannte Apostolisches Schreiben einfließen, mit dem der Papst den Ortskirchen Richtlinien für ihr künftiges Handeln vorgibt. Unter dem Eindruck wirtschaftlicher und sozialer Veränderungen werden sich die Synodenmitglieder mit Themen wie dem Umgang mit bewaffneten Konflikten, Menschenrechten, Kinderhandel, Aids, der Ausbreitung von Sekten und dem Schutz der natürlichen Ressourcen befassen. Mit Spannung wird erwartet, ob es dabei zu einer kontroversen Diskussion über den Einsatz von Kondomen bei der Aids-Prävention kommt.

Gentechnik auf der Tagesordnung

Bei den Beratungen über Armut und Hunger wird es auch um Gentechnik gehen. Kampagnen für den Einsatz von gentechnisch verändertem Saatgut dürften nicht Hauptprobleme der afrikanischen Bauern wie Mangel an Ackerland, Wasser und Energie sowie an Krediten verdecken, heißt es im Arbeitspapier. Gentechnik drohe Kleinbauern zu ruinieren, indem sie herkömmliches Saatgut verdränge. Zudem bestehe die Gefahr der Abhängigkeit von Großkonzernen, die das veränderte Saatgut anbieten.

Einziges deutsches Synodenmitglied ist der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick. Der Papst lud zudem den Patriarchen der Äthiopischen Orthodoxen Tewahedo-Kirche, Abune Paulos, den ehemaligen Leiter der UN-Mission in Darfur, Rudolf Adada, und den Generaldirektor der UN-Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation, Jacques Diouf, als Sondergäste ein. Der Senegalese Diouf wird als erster muslimischer Gast an einer Bischofssynode teilnehmen.

epd