Kühe geben mehr Milch, wenn sie einen Namen haben
Der Nobelpreis ist prestigeträchtig, seine Empfänger gehören zum Wissenschaftsadel, zur Crème de la Crème des Who is Who der Wissenschaften. Die Universität Harvard ist dem Komitee mit ihrem alljährlichen Ig-Nobelpreis zuvor gekommen. Da geht es allerdings eher um Joghurt als um Crème, denn so ganz ernst nimmt sich die Auszeichnung nicht.
02.10.2009
Von Hanno Terbuyken

"Ignoble" lässt sich mit "schmachvoll" oder "schändlich" übersetzen, oder auch mit "unwürdig". Die Forschungsergebnisse, die von der Gruppe "Improbable Research" ("Unwahrscheinliche Forschung") mit dem Ig-Nobelpreis ausgezeichnet werden, sind genau das: Sie sind abwegig, amüsant, etwas abstrus und klingen auf keinen Fall wie ernstgemeinte Forschung. Sie sind unwürdig, jemals einen Nobelpreis zu erhalten. Sie haben es aber auf jeden Fall verdient, auch mal im Licht der Öffentlichkeit zu stehen. Zum Beispiel Catherine Douglas und Peter Rowlinson, zwei Forscher aus Newcastle (England). Sie fanden heraus, dass eine Kuh mit Namen mehr Milch gibt als eine Kuh ohne Namen: Bauern, die nett zu ihren Tieren sind, sind daher ein bisschen erfolgreicher.

Und so geht es weiter in der Liste der Preisträger. Javier Morales, Miguel Apatiga und Victor Castano holten sich den Ig-Nobelpreis für Chemie, weil sie dünne Diamant-Schichten aus Tequila wachsen ließen. Donald Unger bekam den Preis dafür, dass er 60 Jahre seine Knöchel krachen ließ - aber nur an der linken Hand, nie an der rechten. Er wollte herausfinden, ob das wirklich ein Grund für Arthritis sei, und zwar im Selbstversuch. Den Physik-Ig-Nobelpreis holten sich Katherine Whitcome, Daniel Lieberman und Liza Shapiro aus den USA, die ernsthaft und universitätsübergreifend untersuchten, warum schwangere Frauen nicht umfallen. Ihr Artikel wurde auch im Wissenschafts-Magazin "Nature" veröffentlicht, und zwar unter dem Titel: "Fetal Load and the Evolution of Lumbar Lordosis in Bipedal Hominins". Das klingt nicht nur nach komplizierter Wissenschaft, das ist es auch. Und trotzdem erfüllt auch diese Forschung die Kriterien des Ig-Nobelpreises: "Forschung, die Menschen zum Lachen und dann zum Nachdenken bringt."

Wirtschaftspreis an isländische Bänker

Aber die Jury aus Harvard nimmt den ernsthaften Wissenschaftsbetrieb auch noch deutlicher auf die Schippe. Wie sonst könnte man die Studie fünfer schweizer Wissenschaftler erklären, die untersucht haben, ob es besser ist, mit einer vollen oder einer leeren Flasche Bier eins übergezogen zu bekommen - im Selbstversuch! Dafür gab es dann den Friedens-Ig-Nobelpreis. Es müssen aber nicht immer Wissenschaftler sein, die einen Preis bekommen. Es müssen nicht einmal Leute sein, die nach etwas forschen: Es reicht manchmal auch, absurde Dinge zu tun. Zum Beispiel ging der "Ig" in Mathematik an Gideon Gono, seines Zeichens Chef der Staatsbank von Simbabwe. Er brachte seinen Bürgern "einen einfachen Weg, tagtäglich mit großen Zahlen umzugehen", heißt es in der Begründung: Er ließ Geldscheine im Wert von einem Cent bis zu 100 Milliarden Simbabwe-Dollar drucken.

Zuletzt sei noch der Wirtschafts-"Ig" erwähnt. Er ging in diesem Jahr an die Vorsitzenden und Aufsichtsräte von vier isländischen Banken: der Kaupthing, Landsbanki, Glitnir Bank und der isländischen Zentralbank. Denn, so heißt es in der Begründung: "Sie haben gezeigt, dass winzige Banken sehr schnell in riesige Banken umgewandelt werden können und wieder zurück - und dass das Gleiche auch mit einer ganzen Volkswirtschaft gemacht werden kann." Dafür gab's den Ig-Nobelpreis für Wirtschaft.

Am Montag dann wird es wieder ernst: Dann wird vorraussichtlich die erste Nominierung für die diesjährigen echten Nobelpreise verkündet. Die Studenten der Uni Harvard schlafen dann vermutlich ihren Kater von der "Ig"-Verleihung aus.