"Bravo, Kindchen!" ruft Bischof Agatangel und reckt die silberne Maurerkelle noch etwas weiter in die Höhe. Der bärtige Kirchenmann jubelt, 300 Gäste klatschen. Soeben hat eine Familie stolze 1.500 Euro für die Ehre geboten, bei der Grundsteinlegung mit Hand anzulegen. Hier am Stadtrand von Mainz soll die erste mazedonisch-orthodoxe Kirche auf deutschem Boden entstehen. Es ist ein wichtiger Tag für die Mazedonier in Deutschland: Die Älteren beim Festgottesdienst sind vor 40 Jahren als Gastarbeiter aus einer der ärmsten Provinzen des damaligen Jugoslawien nach Deutschland gekommen. Ihre Kinder erfüllen sich jetzt mit dem Bau einer eigenen Kirche einen großen Traum.
Mirce Filiposki steht die Aufregung ins Gesicht geschrieben. Immerhin muss er sich um sein Kirchenoberhaupt, Erzbischof Stefan von Ohrid, zwei mitreisende Bischöfe, Priester und den Botschafter kümmern. Tausende von Einladungen hat er in den vergangenen Wochen verschickt, für die Feier nach der Grundsteinlegung ein riesiges Festzelt auf dem Mainzer Messegelände angemietet, inklusive Shuttlebus-Service zur Baustelle. Der 32-Jährige ist Chef eines großen Zeitarbeitsunternehmens. Die mazedonisch-orthodoxe Gemeinde in Mainz, die etwa 700 Familien aus dem gesamten Rhein-Main-Gebiet umfasst, leitet er ehrenamtlich. Filiposki hat bereits eine Reihe großer Benefizfeiern organisiert und dabei das Geld zusammengekratzt, um mit dem Bau zu beginnen.
"In zwei Jahren steht das Ganze"
Nun soll er dafür sorgen, dass die eine Million Euro teure Sankt-Nikolaus-Kirche bald fertig wird. Wie genau das gelingen soll, weiß er selbst noch nicht. Bereits die Suche nach einem Grundstück wurde schwieriger als zunächst geplant. Viele Eigentümer reagierten ablehnend, wenn Filiposki von seinen Plänen berichtete. "Manche haben wohl befürchtet, sich mit einer Sekte einzulassen", sagt er. "Wir mussten den Leuten erklären, dass wir ganz normale Christen sind, dass wir vor 1.000 Jahren zur selben Kirche gehörten." Inzwischen ist er zuversichtlich: "Innerhalb von zwei Jahren steht das Ganze", verspricht der Unternehmer. "Wir haben Maurer, Schlosser und Elektriker in der Gemeinde." Viele Arbeiten sollen in Eigenregie durchgeführt werden.
Filiposkis Eltern hatten die Kirchengemeinde 1989 gegründet und eine katholische Kapelle als Gottesdienstraum zur Verfügung gestellt bekommen. Später übergaben sie die Geschäfte an jüngere Gläubige. "Ich konnte nicht, ich wollte nicht, aber es durfte schließlich nicht an mir scheitern", begründet Filiposki sein Engagement. Inzwischen bilden über 40 junge Leute den Kern der Gemeinde und sind damit inzwischen eine Art Vorbild für Landsleute in anderen Teilen der Bundesrepublik. "Wir sind stolz darauf, dass unsere Kirche hier gebaut wird", sagt ein Mann, der eigens aus Stuttgart angereist ist, um an der Mainzer Grundsteinlegung teilzunehmen.
Einige Mazedonier haben auch Nationalflaggen mit auf die Baustelle gebracht, "100 Prozent mazedonisch" steht auf dem patriotischen Poloshirt einer jungen Frau. Für die kleinen Balkanrepublik mit etwa zwei Millionen Einwohnern, die bis heute erhebliche politische Probleme mit ihren Nachbarstaaten, aber auch mit der großen albanischen Minderheit im eigenen Land hat, war die eigene Nationalkirche immer schon von zentraler Bedeutung für das nationale Selbstbewusstsein. Weil sich die Mazedonier 1967 einseitig vom serbischen Patriarchat abgespaltet hatten, wird ihre Eigenständigkeit bis heute von der orthodoxen Kirchengemeinschaft nicht anerkannt. "Uns ist es letztlich egal, ob die Kirchenleitung in Skopje und Konstantinopel sich einigen können", sagt Filiposki. "Es geht um unseren Gott und um unseren Glauben."