Sie sind vorbei, die Zeiten der Großen Koalition. Zweimal hat Deutschland jetzt ein schwarz-rotes Bündnis erlebt, mit unterschiedlichen Folgeergebnisse. 1966 bat Kanzler Kiesinger von der CDU die SPD mit Willy Brandt an der Spitze an seine Regierungsseite, 1969 folgte daraus die erste sozialdemokratisch geführte Regierung in der damals erst zwanzig Jahre alten Bundesrepublik. Willy Brandt führte eine sozialliberale Regierung an, wollte "mehr Demokratie wagen" und leitete die Entspannungspolitik mit der DDR und der Sowjetunion ein, an deren Ende wiederum 20 Jahre später die deutsche Einheit stand – unter der Regie einer CDU geführten Regierung in der Bundesrepublik.
Diesmal endet die Große Koalition nach vier Jahren – in einem Fiasko für die SPD. Anders lässt sich die erdrutschartige Niederlage nicht bewerten. Kanzlerin Angela Merkel hat Federn gelassen, aber sie hat sich in die Fortsetzung ihrer Regierungsverantwortung gerettet. Dank der Liberalen.
Die FDP mit Guido Westerwelle an der Spitze ist der Wahlgewinner. Damit steht fest: Die CDU wird nicht einfach weitermachen können, die CDU wird ihre Regierungspolitik ändern müssen. Nach liberalen Gesichtspunkten. Steuerpolitik, Energiepolitik, Sozialpolitik, Gesundheitspolitik. Es wird sich einiges ändern. Und vielleicht werden wir das politische Profil von Angela Merkel in den kommenden Jahren entdecken. Das politische Profil der Kanzlerin blieb oft genug hinter den Kompromisszwängen der Großen Koalition verborgen. Kommt jetzt die neoliberale Wahrheit zum Vorschein? Oder erkennen wir das Profil der Kanzlerin in der Reibung mit liberalen Vorstellungen? Das wird spannend in der kommenden Zeit.
Spannend dürfte auch die Rolle der CSU werden. Wird sie die heimliche SPD in der schwarz-gelben Zusammenarbeit? Nicht ausgeschlossen, denn die CSU ist mit ihrem Ergebnis in Bayern alles andere als zufrieden. Und CSU und FDP waren sich noch nie grün.
Grün wird Profil schärfen können, ebenso wie die Linke. Was aus der SPD wird? Dass ihr der Rückmarsch zur Volkspartei gelingt, erscheint nach diesem Wahlabend unwahrscheinlich. Die Sozialdemokraten stehen vor schwierigen Zeiten.