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Margot Käßmann bei ihrer Predigt zur Amtseinführung als Luther-Botschafterin in Berlin.
Margot Käßmann als Luther-Botschafterin eingeführt
Margot Käßmann ist jetzt Botschafterin. Im Auftrag der evangelischen Kirche soll sie für das Erbe der Reformation werben. Bei ihrer Amtseinführung fängt sie damit an, indem sie Christen zum Denken auffordert.
27.04.2012
epd
Corinna Buschow

Die Kirche frisch geputzt, das Licht noch provisorisch - und wieder hängen Menschen an den Lippen von Margot Käßmann. Die prominente Theologin, einstige Bischöfin und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), ist am Freitag in Berlin in ihr neues Amt als Luther-Botschafterin eingeführt worden. Bis zum Reformationsjubiläum im Jahr 2017 soll sie für die Ideen Luthers und deren Aktualität werben. Käßmanns erste Forderung lautet: "Selbst denken!"

In Anlehnung an das Bibelwort "Am Anfang war das Wort", das die EKD auch zum Motto einer Kampagne für das Jubiläum gemacht hat, fordert sie Christen zum Nach- und Hinterfragen auch kirchlicher Botschaften auf. Glauben sei nicht Moralinstanz, sagte Käßmann in ihrer Predigt in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, sondern "radikale Freiheit zur Einmischung in die Welt".

Nachfragen, auch bei der Bibel

Kurze Zeit nach der Koran-Verteilung der radikal-islamischen Salafisten und einer Debatte um ein "Wort zum Sonntag", in dem die Ideologie von Islamisten im gleichen Atemzug wie das Schwarz-Weiß-Denken katholischer Piusbrüder und evangelikaler Gruppen genannt wurde, zielen Käßmanns Worte gegen religiösen Fundamentalismus. Er möge "Bildung und Aufklärung nicht", sagte sie. Der Reformation gehe es aber um "gebildeten Glauben" - um verstehen und nachfragen, "auch beim Buch des christlichen Glaubens".

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Die zierliche 53-Jährige erntet nickenden Zuspruch für ihre Predigt. Der moderne Sakralbau erstrahlt zu diesem Anlass in besonderem Glanz. Erstmals nach 50 Jahren wurden die blauen Fenster des Egon-Eiermann-Baus in einer großen Putzaktion vom Schmutz befreit. Die Beleuchtung zum feierlichen Gottesdienst war noch provisorisch. Das Putzwasser war noch nicht überall getrocknet, die Stromkreisläufe mussten aus Sicherheitsgründen ausgeschaltet bleiben.

Käßmanns Aufgabe als Luther-Botschafterin wird es sein, für das Reformationsjubiläum im Jahr 2017 zu werben. Dann jährt sich der Thesenanschlags Martin Luthers (1483-1546) an die Wittenberger Schlosskirche zum 500. Mal. Das Ereignis gilt als Beginn der Reformation.

Schneider: Die Reformation stand nicht für die heutige Toleranz

Es gehe aber nicht nur um die Erinnerung an ein wichtiges geschichtliches Ereignis, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider anlässlich der Amtseinführung. Die inhaltlichen Anliegen der Reformation sollen "allem Volk" vergegenwärtigt werden, warb der rheinische Präses. Auch die Schattenseiten will Schneider dabei nicht verheimlichen. Bei der Amtseinführung Käßmanns erinnerte er an die blutigen Glaubenskriege im 16. Jahrhundert. "Und man wird nicht sagen können, dass die Reformation zu einer Toleranz aufrief, für die wir uns heute einsetzen", ergänzte er.

Nikolaus Schneider segnet Margot Käßmann im Gottesdienst zu ihrer Einführung als Reformationsbotschafterin der EKD. Foto: epd-bild/Andreas Schoelzel

Eine Verklärung Martin Luthers, so hat Käßmann mehrmals deutlich gemacht, ist ihr ohnehin fremd. Sie will eine "unkritische Lutherrezeption" herausfordern, "die seine unsäglichen und menschenverachtenden Äußerungen über Juden in eine Lethargie der Anpassung einschläferte, wo Widerstand gefordert war", sagte sie in ihrer Predigt. Christen müssten aufstehen gegen Demütigung, Zerstörung und Worte, die Menschen degradieren.

Die Menschen wieder neugierig machen auf Gott

Die Präses der EKD-Synode, Katrin Göring-Eckardt, erinnerte mit einem Schmunzeln an die frauenfeindlichen Seiten Luthers. Es stehe der evangelischen Kirche des 21. Jahrhunderts gut zu Gesicht, "dass ihre 'beauftragteste' Künderin Rock trägt und Absatz", sagte die Grünen-Politikerin. Sie nannte Margot Käßmann eine Frau, "die gehört wird und gehört werden will". Ihr Anspruch an Käßmann und deren neue Aufgabe ist hoch: "Wir wünschen uns, dass die Menschen wieder neugierig werden auf Gott."

Für die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands Kirche gratulierte der Leitende Bischof Gerhard Ulrich der Luther-Botschafterin. Käßmann verfüge aufgrund ihrer nationalen und internationalen Kontakte über das richtige Gespür für die lutherischen Kirchen weltweit, schreibt er in seiner Gratulation.