Eigentlich wollte Johannes B. Kerner in seiner Sendung vom vergangenen Dienstag nur aufklären. Was es denn nun mit dem Internet-Dienst Twitter auf sich habe, wollte er seinem Publikum erklären. Aber so richtig Web 2.0-begeistert zeigte sich Kerner nicht. "Ich habe auch nicht vor, das anzufangen, weil ich es für die Pest halte", sagte er.
Die Reaktion der Twitter-Gemeinde ließ nicht lange auf sich warten. "Ich sage: Kerner sollte sich auf Geflügelaufschnitt konzentrieren, definitiv eher sein Gebiet als Medien", erklärte etwa ein Nutzer namens "Butchen" und spielte damit auf Kerners Werbeengagement für einen Geflügelwurst-Hersteller an. Twitter-Nutzer Sanchstar kommentierte: "Das war wohl nichts Herr Kerner! Die Twitter-Community is not amused."
Und diese Community ist inzwischen ziemlich groß. Weltweit nutzen Schätzunge zufolge etwa 500 Millionen Menschen den Dienst. Jeder, der sich bei Twitter angemeldet hat, kann darüber Kurznachrichten verschicken, die maximal 140 Zeichen lang sind. Empfangen kann diese Nachrichten letztlich jeder, wenn er in einer Suchmaske nach bestimmten Wörtern sucht. Freunde und Bekannte erhalten die Nachrichten sogar direkt, wenn sie sich bei einem Nutzer als sogenannter Follower eingetragen haben.
Uninformierter Moderator
Besonders amüsiert zeigte sich die Webgemeinde darüber, dass Kerner in der Sendung nicht wirklich in der Lage war, mit dem im Prinzip recht simplen Internet-Dienst umzugehen. Als er demonstrieren wollte, wie man unter falschem Namen twittert, brauchte er die Hilfe seiner Assistentin. Auch politisch war Kerner nicht voll informiert, jedenfalls fiel ihm zum Namen der Bundesgeschäftsführerin der Grünen nur die Bemerkung ein: "Steffi Lemke, das wird eine Politikerin sein..."
Nachrichtensprecher Steffen Seibert immerhin wies Kerner darauf hin, dass Twitter in bestimmten Fällen durchaus sinnvoll sein kann. Bei den Protesten im Iran Anfang Juni habe Twitter Journalisten bei der Recherche geholfen, sagte er. Tatsächlich hatten damals Oppositionelle Twitter dazu genutzt, Informationen und Nachrichten zu verbreiten, die vom Regime sonst zensiert worden wären.
Blogger Thomas Kilian hingegen veröffentlichte in seinem Blog fünf - ironisch gemeinte - Gründe, warum Twitter völliger Unsinn ist - zählte letztlich aber nur vier auf: Twitter frisst zuviel Zeit, Twitter ist viel zu kurz (140 Zeichen), um wirklich etwas Sinnhaftes zu kommunizieren und Twitter wird von vielen nur zur Verbreitung von Banalitäten (”Guten Morgen, Wetter schön, Haare schön etc.”) gebraucht. Eine Diagnose, der sich sicherlich auch Kerner selbst anschließen würde.
Einen interessanten Aspekt erwähnte Kilian in seinem Blog allerdings auch. Für seine Marketingagentur erfährt er über Twitter von neuen Trends vor allem in der Internet-Branche und gewinnt neue Kunden. Auch größere Unternehmen beobachten Twitter inzwischen intensiv. Der amerikanische Internetanbeiter Comcast etwa durchsucht Twitter-Nachrichten nach dem eigenen Firmennamen und kontaktiert gelegentlich Nutzer, die sich bei Twitter über Comcast beschweren. In der Internetszene hat dies das Image des Unternehmens deutlich gesteigert - auch wenn Kritiker monieren, der Service des Unternehmens insgesamt sei durchaus ausbaufähig.