Fernsehdebatten: Merkel und Steinmeier kneifen
Nach ihrem TV-Duell am vergangenen Sonntag haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frank-Walter Steinmeier (SPD) offenbar keine Lust mehr auf Fernsehdebatten.
17.09.2009
Von Henrik Schmitz

Eine für den 17. September vorgesehene Sendung im ZDF, in der Merkel und Steinmeier mit FDP-Chef Westerwelle, Linken-Chef Oskar Lafontaine, CSU-Chef Horst Seehofer und Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin diskutieren sollten, sagten zuerst die Kanzlerin und dann Steinmeier ab. Die Kanzlerin begründete ihre Absage mit Terminschwierigkeiten, Steinmeier wiederum sah keinen Sinn darin, sich statt mit Merkel mit deren als Vertretung vorgesehenen Partei-Vize Christian Wulff auseinanderzusetzen. Soweit jedenfalls die offiziellen Begründungen.

Allerdings liegt der Verdacht nahe, die beiden wollen sich nicht der harten Kritik der Opposition stellen und dort womöglich noch eine schlechtere Figur abliefern als deren Vertreter. Dazu passt, dass Kanzlerin und Vize-Kanzler auch eine Diskussionsrunde der ARD abgesagt haben, die am 21. September stattfinden sollte.

Bei den vielen Wahlsendungen, die momentan über den Bildschirm laufen, ist man ja beinahe dankbar für jede Politikerrunde, die nicht stattfindet. Und doch hat ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender recht, wenn er sagt: "Die Verweigerung von Kanzlerin und Kanzlerkandidat beschädigt die demokratische Kultur."

Beide haben wohl erkannt, dass sie bei weiteren Debatten nur verlieren können. Merkel konnte schon gegen einen Frank-Walter Steinmeier nicht punkten, wie sieht es dann erst aus, wenn sie auf so glänzende Rhetoriker wie Guido Westerwelle (FDP) oder Oskar Lafontaine (Linke) trifft? Steinmeier hat nach Meinung vieler Beobachter beim Duell mit der Kanzlerin gepunktet. Erstmals in diesem Wahlkampf hat er nun so etwas wie leichten Rückenwind. Aber die Luft könnte schnell raus sein, wenn Steinmeier sich nicht nur mit Merkel, sondern auch mit den anderen Spitzenkandidaten messen muss.

Politiker würden die Entscheidung der beiden, sich weiteren Debatten zu verweigern, vielleicht taktisch klug nennen. Tatsächlich sind es aber Entscheidungen der Angst, des Zögerns und des Zauderns. Alles keine Eigenschaften, die der Wähler sich von Politikern wünschen sollte. Wer von seinen eigenen Inhalten überzeugt ist, der sollte sich der Debatte mit anderen stellen können. Und wer an den eigenen rhetorischen Fähigkeiten zweifelt, diese auch gegen heftige Kritik anderer zu vermitteln, hat als Politiker den falschen Beruf gewählt.

Schade, dass Merkel und Steinmeier die Gelegenheit nicht wahrnehmen, im TV auch über die Inhalte zu reden, die im sogenannten Kanzler-Duell zu kurz kamen. Familien- und Bildungspolitik sind hier zu nennen. Im Wahlkampf sollte gelten: Reden ist (schwarz-rot-)gold. Schweigen ist feige.