Alexander von Humboldt war der letzte Universalgelehrte
Kein anderer Mensch hat die Weltkarte so nachhaltig mit seinem Namen markiert. Sei es der Humboldtstrom vor Südamerika, der Berg Pico Humboldt in Venezuela, der Humboldt Peak in Colorado - Städte, Bezirke, Bergeund außerdem zahlreiche Tier- und Pflanzennamen erinnern noch 150 Jahre nach seinem Tod an den Naturforscher Alexander von Humboldt (1769-1859).
18.07.2009
Von Claudia Schülke

Schon Goethe hatte Humboldts Vielseitigkeit gepriesen: "Wohin man rührt, er ist überall zu Hause." Heute schätzen Botaniker den Weltreisenden als Pionier der Pflanzengeografie, Idealisten den Revolutionär als unermüdlichen Kämpfer für die "allgemeine Humanisierung", Pädagogen den Mäzen als uneigennützigen Förderer junger Talente. Kulturwissenschaftler wie Manfred Osten, ehemaliger Generalsekretär der Alexander-von-Humboldt-Stiftung, feiern Humboldt als "letzten Universalgelehrten der Geschichte".

Als er am 6. Mai 1859 in Berlin starb, war Alexander von Humboldt fast 90 Jahre alt geworden. Dabei hatte er sich im Laufe seines Lebens einer Gefahr nach der anderen ausgesetzt: Die Wirkung elektrischer Aale hatte er in Südamerika am eigenen Leib überprüft. Er hatte das Lianen-Gift Curare getrunken, um zu beweisen, dass es nur durch direkten Blutkontakt tödlich wirkt. Mit Rokoko-Stiefelchen war er auf den 6.267 Meter hohen Chimborazo in Ecuador gestiegen, bis er etwa 600 Meter vor dem Gipfel umkehren musste.

Ein vielseitig interessierter junger Mann

Geboren wurde er am 14. September 1769 in Berlin als Spross einer wohlhabenden preußischen Familie. Er interessierte sich, anders als sein philologisch orientierter älterer Bruder Wilhelm, schon früh für Naturgeschichte. An den Universitäten Frankfurt an der Oder und Göttingen studierte er Naturwissenschaften, ging dann aber seiner verwitweten Mutter zuliebe als Student der Staatswirtschaftslehre nach Hamburg und an die Bergakademie ins sächsische Freiberg, um sich auf den höheren Staatsdienst vorzubereiten.

Als Bergassessor und Oberbergmeister gründete Humboldt auf eigene Kosten eine Bergschule zur kostenlosen Ausbildung der Bergarbeiter, für die er auch Atemschutzgeräte und Grubenlampen entwickelte. Nach dem Tod der Mutter 1796 war er ein freier Mann und reich genug, um seinen Abschied einzureichen. Er brach nach Paris auf, wo er schon 1790 mit dem Weltumsegler Georg Forster die Werte der Französischen Revolution gefeiert hatte. Diesmal traf er sich mit dem Botaniker Aimé Bonpland, mit dem er auf eine Expedition ging.

Humboldt bekämpfte die Sklaverei

Sie führte ihn 1799 zwar nicht wie geplant an den Südpol, aber nach Venezuela. Dort lernte Humboldt die Sklaverei kennen, die er zeitlebens bekämpfen sollte. Er fuhr den Orinoco hinauf und entdeckte - was der wissenschaftswelt zu beweisen war - einen Wasserarm, der das Flusssystem des Orinoco mit dem des Amazonas verband.

Die Quelle des Orinoco blieb zwar weiterhin unbekannt, doch zwischen "indianischen Tigern" und "mehr Mücken als Luft" sammelte Humboldt etwa 60.000 Pflanzen, darunter 3.600 unbekannte Arten. Er setzte nach Kuba über, reiste weiter nach Kolumbien, Ecuador und Peru, wo er den Guano als Dünger entdeckte, dann nach Mexiko und wurde schließlich in den USA von Präsident Thomas Jefferson empfangen. 

Expedition im Auftrag des Zaren

Napoleon soll eifersüchtig gewesen sein, als die Pariser Humboldt 1804 begeistert begrüßten. In der französischen Hauptstadt wertete der Forscher die wissenschaftlichen Ergebnisse seiner Reise in 33 Bänden aus. 1827 waren seine finanziellen Mittel erschöpft. So folgte er dem Ruf des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. ins ungeliebte Berlin, um sein Leben als revolutionärer Sympathisant mit den Bezügen eines königlichen Kammerherrn zu fristen und das Volk mit populärwissenschaftlichen Vorträgen aufzuklären.

Als Geologe nahm Humboldt 1829 noch einmal an einer Expedition teil: Im Auftrag des Zaren sollte er die Diamantenvorkommen in Sibirien untersuchen. Sein Lebenswerk, eine "physische Weltbeschreibung", die unter dem Titel "Kosmos" erschien, konnte er nicht mehr vollenden. Zwischen 1845 und 1862 waren insgesamt fünf Bände des "Kosmos" erschienen. Alexander von Humboldt liegt in der Familiengruft im Park von Schloss Tegel begraben.