Schuldnerberatung soll von Banken mitfinanziert werden
Die Zahl von Privatinsolvenzen droht drastisch anzusteigen, warnen Sozialverbände. Sie fordern Banken auf, das System der Schuldnerberatung mitzufinanzieren - auch in deren eigenem Interesse.

Drei bis vier Millionen Privathaushalte in Deutschland sind überschuldet. Das geht aus dem "Schuldenreport 2009" hervor, den Sozialverbände und die Verbraucherzentralen am Freitag in Berlin vorstellten. In rund 30 Prozent der Fälle ist Arbeitslosigkeit der Grund für die Geldnöte. 60 Prozent der Haushalte haben Schulden aus Krediten, die sie nicht mehr bezahlen können.

 

Dem Report zufolge hat jeder dieser Privathaushalte im Durchschnitt 36.000 Euro Schulden. In jedem zweiten verschuldeten Haushalte leben Hartz-IV-Empfänger. Die Verbände rechnen aufgrund der Krise mit einem Anstieg der Verschuldung, wollten aber keine Prognosen abgeben. Sie forderten von der Kreditwirtschaft ein Sofortprogramm für überschuldete Verbraucher.

 

Sie verlangen von den Banken, dass diese die Senkung der Leitzinsen an die Kunden weitergeben und flexibel auf finanzielle Engpässe reagieren, wie sie durch Kurzarbeit entstehen können. Als Beispiel nannten die Verbände Zahlungsaufschübe und den Verzicht auf Verzugszinsen. Bei längeren Einnahmeausfällen durch Arbeitslosigkeit sollten die Kreditraten angepasst werden, ohne dass dafür höhere Zinsen oder neue Gebühren verlangt werden. Neben dem Bundesverband der Verbraucherzentralen geben den Schuldenreport fünf weitere Verbände heraus, der Caritasverband, das Diakonische Werk, der Paritätische Wohlfahrtsverband, das Deutsche Rote Kreuz und die Arbeiterwohlfahrt.

 

Kritik an Kreditvergabe an Menschen in einer Finanzierungsfalle

 

Die Verbände forderten mehr Geld für die Schuldnerberatungsstellen, von denen es derzeit bundesweit 950 gibt. Ihre Zahl müsse mindestens verdoppelt werden. Banken und Sparkassen müssten die Schuldnerberatung mit einem Betrag von 0,1 Prozent jeder vergebenen Kreditsumme mitfinanzieren, erklärten sie. Außerdem forderten sie Sanktionen für die unverantwortliche Vergabe von Krediten an Menschen, die dadurch in eine Finanzierungsfalle geraten.

 

Die Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner- und Insolvenzberatung Berlin rechnet nach einem erstmaligen leichten Rückgang bei den Verbraucher-Insolvenzen 2008 in diesem Jahr "mit einem Anstieg auf Rekordniveau" von bundesweit etwa 110.000 Verfahren. Dabei beruft sich die Arbeitsgemeinschaft auf Zahlen des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen. Auch das Statistische Bundesamt melde für März 2009 erstmals seit Monaten wieder steigende Zahlen bei den Insolvenzen von Verbrauchern. Seit zehn Jahren haben überschuldete Privathaushalte einen gesetzlichen Anspruch auf ein Insolvenzverfahren, das ihnen einen Neuanfang ohne Schulden ermöglichen soll. Zum zehnjährigen Jubiläum findet vom 15. bis 19. Juni eine bundesweite Aktionswoche statt.

 

Internet:
www.aktionswoche-schuldnerberatung.de