Margot Käßmann, Ursula von der Leyen, Günther Jauch und Hillary Clinton.
Foto: dpa/Paul Zinken
Margot Käßmann, Ursula von der Leyen, Günther Jauch und Hillary Clinton.
Die Hillary-Clinton-Show bei Günther Jauch
Hillary Clinton, Ursula von der Leyen und Margot Käßmann – gleich drei starke Frauen versammelte Günther Jauch auch am Sonntag Abend um sich, um über mächtige Frauen zu reden. Doch dem Moderator entglitt das Thema.

Der Frauenanteil in Talkshows ist oft gering. Das hat sich auch im letzten Jahr nicht geändert, seit Gesche Joost, damals Netzexpertin im Wahlkampfteam von Peer Steinbrück, eine Quote für Frauen in den Diskussionsrunden forderte. Die Moderatoren Anne Will und Frank Plasberg äußerten erst kürzlich, dass das nicht zuletzt an den Frauen läge, die allzu oft absagten.

Bemerkenswert war die Gästeliste bei Günther Jauch am Sonntagabend also durchaus – auf ihr fanden sich ausschließlich Frauen. Neben der US-Politikerin Hillary Clinton kamen die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und die frühere EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann. "Frauen an die Macht! Hillary Clinton zu Gast bei Günther Jauch" – so holprig wie der Sendungstitel war dann auch Jauchs Einstieg in die Diskussion.

"Frau Clinton, was halten sie von meinem Outift?" fragte Jauch die ehemalige Außenministerin der USA, um dann auf ihr neu erschienenes Buch überzuleiten. Auf den 900 Seiten über ihre Zeit als Außenminister vertritt die Politikerin die nicht ganz neue These, dass Frauen nicht allein für ihre Leistung, sondern immer auch für ihr Aussehen bewertet werden. Eine Überzeugung, der die anderen zwei Damen uneingeschränkt zustimmen konnten.

"An Edward Snowden zeigt sich die Entfremdung"

Nach weiteren allgemeinen Fragen ("Müssen Frauen mehr leisten, um nach oben zu kommen?") und allgemeinen Antworten ("In Deutschland können wir nicht auf hochqualifizierte Frauen verzichten") sowie der Feststellung, dass es in den USA einfacher als in Deutschland ist, wie Hillary Clinton zu sagen, man sei Feministin, wechselte Jauch zu außenpolitischen Fragen.

###mehr-artikel###

Und egal ob es sich um die NSA oder andere skandalöse Spionagefälle der US-Dienste handelte, Clinton und von der Leyen zeigten, wie man mit charmanten Worten möglichst wenig sagen kann. Clinton beteuerte, nichts vom Ausmaß der Überwachung gewusst zu haben und versprach Bemühungen seitens der USA, ihr ein Ende zu setzen. Sie zeigte auch Verständnis für die sensiblen Deutschen, die in ihrer Geschichte erleben mussten, dass Freunde und Nachbarn sich ausspionierten. Ursula von der Leyen schwärmte dagegen während des Diskussion mindestens einmal zu oft für Kanzlerin Angela Merkel.

Einzig Margot Käßmann schaffte es, neben dem Politikerinnen-Sprech Konflikte zu benennen. "Die USA und Europa bauen auf ähnliche Werte auf. Allerdings gibt es eine Entfremdung, die sich auch am Fall Edward Snowden zeigt", sagte sie. Die Entfremdung, zeigte sich Käßmann überzeugt, habe aber auch schon 2003 existiert, als man in Deutschland in gegen den Irak-Krieg demonstrierte.

Die Hillary-Clinton-Show

Für das Töten von Terroristen kritisierte die Theologin die USA scharf: Das sei nicht mit ihrem christlichen Wertesystem vereinbar. "Ich hätte mehr Respekt gehabt, wenn Osama bin Laden verhaftet worden wäre und nach Den Haag gekommen wäre", sagte sie über die Tötung des Al-Qaida-Gründers. Doch ernste Themen nahmen in der meist heiteren Runde nur wenig Platz ein.

Einmal ermahnte Günther Jauch Ursula von der Leyen scherzhaft, ihr nicht seine Witze kaputt zu machen. Ein anderes Mal kicherten die Damen mit Günther Jauch über Fotos von Wladimir Putin, Nicolas Sarkozy und George W. Bush jun. in etwas albern wirkenden Posen. "Wenn die Männer wüssten, wie wenig uns das beeindruckt, würden sie es im Zweifelsfall sein lassen" kommentierte von der Leyen amüsiert.

Einen Bruch bekam die gute Stimmung nur, als Jauch die frühere US-Außenministerin und mögliche -Präsidentschaftskandidatin auf Monica Lewinsky ansprach, die Frau, die mit dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton eine Liaison hatte und damit eine Staatsaffäre auslöste. Mit ihr beschäftige sie sich gar nicht mehr, konterte Clinton, denn sie sei kein Thema mehr. Und Käßmann und von der Leyen empörten sich, wie man überhaupt so eine Frage stellen könne, sodass Günther Jauch sich wie ein Schuljunge verteidigte.

So lieferte die Sendung zumindest den Beweis, dass eine Talkshow nicht zwangsläufig inhaltsreicher oder tiefgründiger wird, nur weil ausschließlich Frauen diskutieren. Vielmehr wirkte ein Großteil der Sendung wie eine Hillary-Clinton-Show. Tatsächlich reist die Politikerin gerade durch Europa, um ihr Buch zu bewerben. So hat Clinton, die vielleicht schon bald als US-Präsidentin die mächtigste Frau der Welt werden könnte, bewiesen, wie leicht sich ein kompletter Politiktalk um ihre Person inszenieren lässt.

Am Ende gab es – vermutlich zum ersten Mal in der Geschichte der Talkshows – für alle Gäste riesige Blumensträuße. Der Grund dafür war nicht ersichtlich. Wenn die Geste einzig der weiblichen Runde geschuldet war, hat die Redaktion unter Beweis gestellt, wie wenig Feingefühl sie beim Thema Gleichberechtigung zeigt. Entsprechend reagierten die Beobachter auf Twitter: "Die Frauen bekommen Blumen, und gehen jetzt hoffentlich ohne #Jauch einen Whisky zusammen trinken." (@fraeulein_tessa)