Julio Tavares protestiert gegen die Zustände im brasilianischen Gesundheitssystem
Foto: Vanessa Silva
Julio Tavares (Mitte) protestiert gegen die Zustände im brasilianischen Gesundheitssystem
Julio Tavares: "Nach der WM gehen wir weiter auf die Straße"
Foul am Zuckerhut - Was die WM 2014 in Brasilien für die Menschen vor Ort bedeutet
In unserer Serie "Foul am Zuckerhut" stellen wir in kurzen Artikeln Menschen vor, die von der Fußball-WM und ihren Auswirkungen betroffen sind, unmittelbar oder mittelbar. Und wir lassen sie zu Wort kommen. Sie berichten mit ihren Stimmen, was die WM für sie bedeutet. So wie Julio Tavares aus Rio de Janeiro. Er demonstriert für dringend nötige Verbesserungen im Gesundheitsbereich.

Gewerkschafter Julio Tavares

Es ist heiß, die Sonne steht hoch am blauen Himmel über der Copacanaba. Julio Tavares schwitzt, wie die Fußball-Spieler, die wegen des Fifa-Spielplans und europäischer Sendezeiten zur Mittagszeit antreten müssen. Statt vor einem Fernseher zu sitzen, demonstriert Tavares. "Nein zur Privatisierung der Gesundheit“ steht auf dem Transparent. Davor ein Kind in Gespenster-Verkleidung, das die Gefahr des Todes angesichts mangelnder Gesundheitsversorgung symbolisiert.

"Zuwenig Geld für Gesundheit ist nur eines von vielen Problemen, aber es betrifft mich unmittelbar,“ erklärt Tavares. Seine Gewerkschaft Sindsprev, die die Angestellten im Gesundheitsbereich vertritt, nehme an den Protesten gegen die WM teil, weil die Lage dramatisch sei. "Sollte es zu einem größeren Unglück kommen, wäre die Versorgung der Verletzten nicht gesichert. Es fehlt an allen Ecken und Enden. Das betrifft auch die Touristen, sie bekämen es am eigenen Leib zu spüren,“ sagt Tavares mit lauter Stimme, um sich im Konzert von Trommeln und Parolen verständlich zu machen.

Der Gewerkschafter beklagt, dass umgerechnet 10 Milliarden Euro für die WM angegeben wurden, während der Gesundheitssektor chronisch unterfinanziert ist.

Zwar hat die Regierung nach den Massenprotesten im vergangenen Juni das Programm "Mehr Ärzte“ aufgelegt und tausende Mediziner aus den Ausland zum Einsatz in verarmten Regionen engagiert. Doch es fehlt an Infrastruktur.

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Viele Krankenhäuser sind marode, immer wieder kommt es vor, dass Notfall-Patienten mangels Betten nicht aufgenommen werden können. "Von den versprochenen positiven Auswirkungen der WM wird nichts für die sozialen Bereiche übrig bleiben,“ beklagt der Biologe. Deswegen gehe er lieber demonstrieren, als sich die Spiele anzuschauen. "Und nach der WM werden wir weiter auf die Straße gehen.“

Schuld an der Misere sei die Präsidentin und in Rio de Janeiro der Gouverneur, erklärt Tavares. Er hat keine Hoffnung, dass die Wahl im Oktober daran irgendetwas ändern wird.

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Da keine der großen Parteien seine Sorgen ins Programm aufgenommen hat, wird er seine Stimme ungültig machen. In Brasilien herrscht Wahlpflicht. "Ich nehme an der Kampagne teil, die dazu auffordert, ungültige Stimmen abzugeben. Je mehr Menschen sich anschließen, um so weniger wird die Wahl als Legitimierung eines politischen Systems dienen, das im Endeffekt nichts verändern wird.“