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TV-Tipp des Tages: "Die letzte Fahrt" (3sat)
TV-Tipp des Tages: "Die letzte Fahrt", 29. Juni, 20.15 Uhr auf 3sat
Fünfzig Jahre lang ist Rainer mit seinem Frachter Fortuna den Rhein rauf und runter geschippert. Als aus heiterem Himmel seine Frau Maria stirbt, nehmen ihn Tochter Claudia und Schwiegersohn Michael erst mal zu sich.

Auf den ersten Blick scheint die Geschichte, die dieser Film erzählt, ganz einfach. Aber je mehr man sich auf sie einlässt, desto komplexer wird die Handlung, weil jede der Figuren ihre eigene Perspektive einbringt. Einzig Rainer (Heinz Baumann) lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Fünfzig Jahre lang ist er mit seinem Frachter Fortuna den Rhein rauf und runter geschippert. Als aus heiterem Himmel seine Frau Maria (Bibiana Zeller) stirbt, nehmen ihn Tochter Claudia (Julia Jäger) und Schwiegersohn Michael (Thomas Sarbacher) erst mal zu sich.

 

Dabei haben die beiden mit ihrem Reisemagazin jede Menge eigene Probleme, die ihnen über den Kopf zu wachsen drohen. Weil sie für Rainer genauso wenig Zeit haben wie für ihren Sohn Jonas (Sammy Scheuritzel), machen sich Opa und Enkel kurzerhand aus dem Staub, um bei der titelgebenden letzten Fahrt Marias Asche auf dem Rhein zu verstreuen. Claudia, die den Gatten beim Rendezvous mit einer jungen Mitarbeiterin beobachtet hat, schließt sich kurzerhand an, sehr zur Freude eins geschiedenen, aber schon ewig in sie verliebten Schulfreunds: Jan (Sönke Möhring) macht Rainers Kahn nach einem Maschinenschaden wieder flott und bleibt samt Tochter Lucy (Stella Kunkat) gleich an Bord. Als sich schließlich auch Michael der Reisegruppe anschließt, haben alle endlich Gelegenheit, ihre alten und neuen Geschichten zu klären: Vater und Tochter, Mann und Frau, Eltern und Sohn; und mit Jan bietet sich Claudia sogar eine reizvolle Alternative.

Der Film ist schon allein wegen der vielen Denkanstöße ein Gewinn, zumal die ausnahmslos guten Schauspieler die lebensnahen Dialoge (Drehbuch: Ilja Haller) ausgesprochen glaubwürdig vortragen. Natürlich reizt Regisseur Christoph Schrewe den Kontrast zwischen der Ruhe auf dem Rhein und der kakophonischen Hektik der Großstadt aus, aber auch das hat Methode, schließlich sollen die Beteiligten bei ihrer Flussfahrt zur Ruhe kommen. Und schließlich ist selbstredend schon allein der Schauplatz originell: Die Handlung spielt sich tatsächlich größtenteils auf dem Schiff ab. Die Dreharbeiten waren sicher nicht einfach (Kamera: Klemens Becker), aber die Strapazen haben sich gelohnt: Die Idee, die Figuren wie im Theater der Einheit von Zeit und Raum auszusetzen, so dass sie sich nicht aus dem Weg gehen können, hat sich ausgezahlt.

Davon profitieren auch die Schauspieler. Thomas Sarbacher und Julia Jäger sind ein überzeugendes Paar, die Kinder sind ausgezeichnet geführt, Heinz Baumann ist wunderbar als wortkarger dickschädeliger Rheinschiffer, und Sönke Möhring nutzt seine wenigen Szenen, um bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Schön auch, dass Burgschauspielerin Bibiana Zeller bereit war, sich für die vergleichsweise winzige, aber wichtige Rolle der Maria zur Verfügung zu stellen. Unverzichtbarer Hauptdarsteller ist selbstredend auch der Rhein zwischen Mainz und Köln, der Werbung in eigener Sache macht.