Bereits kurz nach ihrer Freilassung hatte der Anwalt der 27-Jährigen erklärt, seine Mandantin sei nicht sicher. "Es gab bereits Morddrohungen", sagte Mohaned Mustafa Al-Nour. Dann meldete die BBC, Mariam Jahia Ibrahim Ischag sei gemeinsam mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern am Flughafen von Khartum von rund 40 Sicherheitsbeamten festgehalten worden. Ein Berufungsgericht hatte zuvor der staatlichen Nachrichtenagentur SUNA zufolge das Todesurteil gegen die 27-Jährige aufgehoben. Sie war vier Monate lang in Haft.
Ihr Fall hatte weltweit Proteste ausgelöst. Für die Verurteilte hatten sich auch die Spitzen der deutschen Kirchen, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) eingesetzt.
Ibrahim Ischag war im Mai wegen Abfalls vom islamischen Glauben verurteilt worden und hatte sich geweigert, sich vom Christentum loszusagen. Zuvor hatten die Richter ihr drei Tage Zeit gegeben, um "Reue" zu zeigen und sich dem Islam zuzuwenden. Dies lehnte Ibrahim Ischag aber ab. Die junge Frau erklärte, sie sei sie von ihrer Mutter erzogen worden und habe sich seit jeher als Christin verstanden. "Ich bin eine Christin und habe niemals Apostasie begangen", erklärte sie vor der Urteilsverkündung. Ibrahim Ischags Vater ist Muslim, die Mutter eine orthodoxe Christin aus Äthiopien.
100 Peitschenhiebe wegen "Unzucht"
Ibrahim Ischag war mit ihrem 20 Monate alten Sohn inhaftiert. Ende Mai gebar sie im Gefängnis ihr zweites Kind, ein Mädchen. Das Todesurteil hätte frühestens in zwei Jahren vollstreckt werden sollen, am Ende der Stillzeit. Ihr Mann Daniel Wani ist ein Christ aus dem Südsudan, der seit ein paar Jahren die US-Staatsbürgerschaft hat.
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Die junge Christin musste in der Haft trotz ihrer Schwangerschaft schwere Fußfesseln tragen wie alle Todeshäftlinge im Sudan. Das Gericht hatte auch eine Strafe von 100 Peitschenhieben verhängt, weil sie mit einem Christen verheiratet ist. Nach der Scharia ist die Eheschließung ungültig, weshalb sie sich der Unzucht für schuldig befunden wurde. Ibrahim Ischag wurde von einem Verwandten angezeigt und war offenbar Opfer einer Familienfehde.
Nach der im Sudan geltenden Scharia - der islamischen Rechtsprechung - wird jeder als Muslim betrachtet, der mindestens ein muslimisches Elternteil hat. Die eigene Überzeugung zählt nicht. Auch müssen muslimische Frauen dem Gesetz zufolge einen Muslim heiraten.
Die sudanesische Regierung hatte stets betont, nicht in Entscheidungen der Justiz eingreifen zu wollen. Menschenrechtler halten die sudanesische Justiz jedoch nicht für unabhängig. Die Verteidiger der Frau hatten sich im Berufungsverfahren auf die sudanesische Verfassung gestützt, die Sudanesen die Religionsfreiheit sichert. Seit dem Putsch durch Omar al-Baschir vor 25 Jahren gilt der Sudan formal als islamischer Staat. Er wird autoritär regiert.
Bisher kein Todesurteil wegen Apostasie vollstreckt
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mahnte, Ibrahim Ischags Freilassung erfolge nur aus "politischem Kalkül" und Sorge um den Ruf des Sudans. "Dieses Unrechtsurteil sollte Sudans Christen einschüchtern und hat seine Wirkung bei der tief verunsicherten Minderheit nicht verfehlt", erklärte ihr Afrikareferent Ulrich Delius am Montag. Khartum treibe systematisch die Islamisierung des Landes voran. Kirchen würden zerstört oder beschlagnahmt und in Schulbüchern würden Andersgläubige diffamiert. Auch junge Musliminnen litten unter der Einschränkung ihrer Freiheit.
Laut Amnesty International wurde seit Inkrafttreten des neuen Strafgesetzbuchs 1991 im Sudan noch keine Hinrichtung wegen Abfalls vom Glauben (Apostasie) bekannt. In den meisten Fällen seien die Anklagen fallengelassen oder die Urteile aufgehoben worden - allerdings erst, nachdem die Verurteilten problematische Aussagen widerrufen hätten. Exekutionen gibt es im Sudan aber durchaus: Mindestens 21 Menschen wurden im vergangenen Jahr hingerichtet.