Über elf Jahre ist es her, dass die USA mit einigen Verbündeten in den Irak einmarschierten. Sie stürzten Diktator Saddam Hussein und unterstützten die Bildung einer neuen Regierung. 2011 verließen die US-Truppen das Land. Befriedet ist es bis heute nicht. Im Gegenteil – seit ein paar Wochen eskaliert die Situation erneut. Die brutale Terrorgruppe "Islamischer Staat in Irak und Syrien" (ISIS) will einen Gottesstaat errichten und nimmt immer mehr irakische Städte ein.
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"Das Leid, das die Menschen – Christen und Muslime – im Irak gerade erfahren, erfüllt mich mit großer Trauer", sagte Kardinal Marx, als die Kämpfer die Stadt Mossul eingenommen hatten. 500.000 Menschen waren Mitte Juni nach Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration geflohen, darunter auch die rund 3000 zuletzt in Mossul lebenden Christen. "Blutiger Feldzug – wie gefährlich sind die islamistischen Gotteskrieger" fragte nun Günther Jauch in seiner Talkshow.
Ein religiöser Kampf?
Welchen Hintergrund die Kämpfertruppe hat, zeigte ein Einspielfilm zu Beginn der Sendung. Darin wurde der Konflikt als Glaubenskrieg dargestellt: Sunniten gegen Schiiten. Nach dem Sturz des Sunniten Saddam Hussein regierte ab 2006 der Schiit Nuri al-Maliki. Seitdem, so hieß es in dem Einspieler, fühlten sich die Sunniten unterdrückt und schufen so einen Nährboden für sunnitische Terrorgruppen wie ISIS.
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Die Moderatorin Dunja Hayali, Tochter irakischer Eltern, warnte jedoch, den Konflikt allein religiös motiviert zu sehen. "Maliki hatte bei Amtsantritt versprochen, das Land zu einen", sagte sie. Stattdessen habe er das Land gespalten wie kaum einer zuvor. "Wäre das Machtvakuum von den Schiiten nicht so ausgenutzt worden, dann wäre die ISIS nicht so stark geworden", sagte Hayali. Nun seien viele Sunniten auf der Seite der ISIS, weil sie nicht länger unterdrückt werden wollten.
Wie konnte es dazu kommen? Niemand in der Runde wollte einräumen, dass der Sturz von Saddam Hussein falsch gewesen sein könnte. Und doch sieht Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, zwei folgenschwere Fehler, die im Kontext zum Ende des Hussein-Regimes stehen. Der eine war der Einmarsch in den Irak. "Es war ein Krieg, der nicht gerechtfertigt war, in dem Zigtausende ihr Leben verloren haben und der Billionen Dollar gekostet hat", kritisierte er. "Dann haben die Amerikaner nicht die Verantwortung für ihren Fehler übernommen, sondern haben den nächsten begangen", sagte Röttgen und meint damit den Truppenabzug vor drei Jahren. Der habe ein Machtvakuum hinterlassen, das der anfangs demokratisch gewählte al-Maliki nach und nach immer autokratischer gefüllt habe. "Man hätte Druck auf ihn ausüben müssen, dass er auch andere Bevölkerungsgruppen begleitet", ist der CDU-Politiker überzeugt.
Schuld des Westens
Auch der Linken-Politiker und ehemalige UN-Waffeninspekteur Jan van Aken sieht die Mitschuld des Westens an der Situation im Irak. "Er macht immer wieder den gleichen Fehler", kritisiert er. "Die Politiker wollen einen Diktator weghaben und bomben dann das Land in Schutt und Asche." Demokratische Bewegungen müssten aber immer aus dem Inneren entstehen. "Das soll uns eine Mahnung und Warnung sein", sagte van Aken.
Den einen Weg zum Frieden gibt es nicht. Das wurde in der Sendung deutlich. Wie wichtig es ist, sich trotzdem darum zu bemühen, sagte Hayali kurz vor Sendeschluss: "Egal, wen sie im Irak fragen. Alle wollen in Frieden leben und das Land mitgestalten", sagte sie. Genau das sei den Irakern mehrfach versprochen worden. "Aber alle Träume sind zerbrochen."